Skelett eines Elefanten in der Wüste, Münchner Volkstheater, Kleine Bühne
„Ein Stück mit Geflüchteten, in dem der Krieg thematisiert wird“ – dergleichen kennt man aus Theater, Film, Radio…, eine neue Idee ist das nicht.
Wenn dann noch das Maxim Gorki Theater einlädt, welches mit „Flüchtlinge fressen“ 2016 mächtig auf die Provokationspauke gehauen hat, ist die Fragen: „Was soll da kommen?“ sicher gerechtfertigt.
Doch es kommt erstens anders und zweitens als man denkt, dazu regt der 70 Minuten-Abend „Skelett eines Elefanten in der Wüste“ von Ayham Majid Agha nämlich stark an.
Auch interaktiv ist er gestaltet, die Zuschauer laufen in einen dunklen Gang, immer an der Wand entlang, bis sie schließlich in einen kleine Raum, der im Inneren der kleinen Bühne aufgebaut ist, gelassen werden.
Die vier Schauspieler Maryam Abu Khaled, Mazeen Aljubbeh, Lea Draeger und Thomas Wodianka nehmen nur den schmalen Gang ein, den die Zuschauer in diesem kleinen, künstlichen Raum noch bilden, und sind fast immer allein auf der „Bühne“.
Es werden Ausschnitte aus Geschichten erzählt. Die des Scharfschützen, der Krankenschwester, der Fotografin, des Zirkusarbeiters. Alle Geschichten werden von Allen erzählt. Aber nur fragmentarisch. Splitterhaft, wie die Lichtprojektionen auf dem Boden. Auch Originalaufnahmen werden auf einer Leinwand gezeigt. Obwohl das Stück, in Englisch, Deutsch und Arabisch, sich sehr nahe an die Realität hält, hebt es trotzdem keinen drohenden Zeigefinger, es löst interessante Erkenntnisse aus und führt so manches altes Verständnis noch einmal vor Augen. Auch die ausprobierten, neuen Formen passen gut ins Gesamtkonzept. Der Abend ist stark, aber nicht erdrückend.
Orchiektomie rechts, Münchner Volkstheater, Große Bühne
Am Donnerstag zurück beim radikal jung, zurück im großen Saal, erneut eine One-Man-Show. Dieses Mal aus der Talentschmiede Ernst Busch in Berlin.
Ein junge Mann betreibt mit Live-Kamera, Drucker und dem Live-„Abtippen“ des Textes auf drei Leinwänden eine vielschichtige Übertragung des Buches. Es ist ein selbstbewusster junger Mann.
Kurz nach seinem Abschluss an der Theaterschaffenden-Uni erhielt er jedoch die Diagnose Hodenkrebs. Vor allem auf den besonderen Bezug zu diesem Körperteil geht Noam Brusilovsky schonungslos ein. Was diese Krankheit für ihn als schwulen Mann bedeutet, wird auch sehr bildlich demonstriert. Hier traut sich der junge Israeli viel und bringt sehr persönliche Erfahrungen ein – Brusilovsky nimmt da wirklich kein Blatt vor den Mund. Die Kombination aus Krankenhaus und sexuellen Fantasien ist durch den Bestsellerroman „Feuchtgebiete“ keine neue Idee. Dass zwischen Präsentation und Interaktion gewechselt wird und bei „Interaktion“ stets das Licht angeschaltet wird, lässt die Spannung des Abends allerdings etwas leiden.
Wie gut eine solche Leidensgeschichte durch Theater verarbeitet werden kann und wie authentisch ein „Identitätskampf“ inszeniert werden kann, zeigt Brusilovsky dennoch treffend an sich selbst.
Kritiken: Jana Taendler
Alle Stücke wurden im Rahmen des radikal jung 2018 im Münchner Volkstheater gesichtet.
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