Krieg (und Frieden?) – „Sag mir, wo die Blumen sind“ im Marstall (Kritik)

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Krieg ist nun wirklich kein einfaches Thema. Als Thema für ein Theaterstück bestimmt eines der schwierigsten. Und dann auch noch den Ersten Weltkrieg zu behandeln – ein schwerer Brocken, den es erst einmal zu stemmen gilt.
Diese riesige Herausforderung wurde jedoch bei dem Theaterprojekt „Sag mir, wo die Blumen sind“ des Residenztheaters mit Bravour gemeistert. Nach fast zwei Jahren Recherche und Proben feierte das Stück nun am 19. April 2018 unter der Leitung von Anja Sczilinski (Regie) im Marstall Premiere. 39 Schüler des Werdenfels-Gymnasiums in Garmisch-Partenkirchen, des Lycée Ozanam in Lille und der Bay House School in Gosport (England) haben sich intensiv mit der europäischen Vergangenheit, der Existenz von Krieg und auch viel mit sich selbst auseinandergesetzt.

© Marco Gierschewski

Das schlichte, dunkel gehaltene Bühnenbild von Peter N. Schultze bietet viel Platz für das aus hauptsächlich Gruppenszenen bestehende Stück, das mit einem Einblick in das Jahr 1914 startet. Das Gefühl der damaligen Zeit wird mithilfe von Parolen und Aufrufen zum Krieg, aber auch Tanzszenen dargestellt. Es folgen Abschieds- und Kriegsszenen, immer wieder unterbrochen von eigenen Erzählungen der Schüler; man merkt sofort, dass sie sich an Kriegsschauplätzen und in Dokumentationszentren viel mit den Hintergründen und den Herausforderungen des Jahrzehnts auseinandergesetzt haben.
Das ganze einstündige Stück hindurch wird zwischen den drei Muttersprachen hin und her gesprungen, was es jedoch für den Zuschauer nicht anstrengend, sondern greifbarer macht. Der multikulturelle Flair, der einem schon von Beginn an durch das trinationale Publikum begegnet, wird hier mit Natürlichkeit weitergeführt.

© Marco Gierschewski

Ebenfalls durch das ganze Stück ziehen sich Musikeinlagen (Leitung: Kilian Unger), mal im Chor und mal solo. Das gleichnamige Lied von Marlene Dietrich, nach dem das Stück auch benannt ist, fehlt zwar in der Songauswahl, dafür werden alte Nationalhymnen geschmettert und ein irisches Segenslied dargeboten. 39 Schüler, die durchgehend gemeinsam auf einer Bühne spielen, muss man erst einmal sinnvoll und stimmig koordinieren können, was dem Choreographen Felix Berner aber sehr gut gelungen ist.
Was besonders beeindruckt, ist die Selbstsicherheit der Jugendlichen, welche sie durch die Bank mit auf die Bühne bringen, die sogar manchen Erwachsenen fehlt. Dabei ist bezüglich des Alters alles mit dabei, von zarten 13 bis 18. Hier merkt man auch, dass sie von allein 14 pädagogischen Betreuern und weiteren Dramaturgen (Leitung: Christina Hommel), Assistenten etc. im Hintergrund bestens unterstützt wurden.

Eine heitere Komödie für den Feierabend ist die Inszenierung sicher nicht, aber gerade in unserer heutigen Zeit, die von politischen Spannungen und einem Krieg, der immer noch traumatisierte Menschen zu uns nach Deutschland bringt, geprägt ist, ist es wichtig, sich selbst die Frage zu stellen: Was kann ich tun, um Krieg zu verhindern und die Welt friedlicher zu machen?

Das Stück regt zum Nachdenken an und bringt mehr Klarheit in die Vergangenheit der drei Nationen. Vor allem, und das merkt man besonders an dem selbstverständlichen Miteinander der Schüler, hinterlässt das Stück viele internationale Freundschaften.
Als interkultureller Austausch ist das Projekt – und hoffentlich eines von vielen weiteren – auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.

Kritik: Kim Fischer

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