Was machen, wenn es draußen eiskalt und nass ist? Da einer der überfüllten und unbesinnlichen Weihnachtsmärkte definitiv nicht das Ziel sein kann, empfiehlt sich eher eine Weihnachtsfeier der anderen Art. Denn am Donnerstag, 21. Dezember 2017, im Strom war es Zeit für eine Band, die nur selten auf der Bühne steht, aber eine treue Anhängerschaft mit sich führt: Twelve After Elf. Anlass war die erste neue Platte (wortwörtlich, denn am Merch-Stand gibt es vor allem die Lieder als Vinyl) seit 18 Jahren. Die Sterne standen also bestens für einen großartigen Abend.
Allein ein Blick in das prall gefüllte Strom verrät: hier sind vor allem Fans aus den 90ern, die ihre Metal-Idole aus der Landeshauptstadt endlich einmal wieder sehen wollen. Und das berechtigt, denn seit dem überraschenden Konzert zum Weltuntergang im Jahr 2012 gab es die Band nur dreimal zu bewundern, seit Frühjahr 2015 ist Funkstille mit Konzerten. Das machte die Ankündigung des vorweihnachtlichen Konzerts natürlich zu etwas Besonderem und zu einem absoluten Pflichttermin, auch für die Münchner Metal-Prominenz, denn einige Gesichter der Bands Emil Bulls und apRon lassen sich im Publikum entdecken. Und auch wenn der Altersdurchschnitt doch ein wenig höher ist, spürt man die Vorfreude im Raum, endlich wieder zur damaligen (und womöglich immer noch heutigen) Lieblingsmusik ordentlich headzubangen.
Gegen 21:30 Uhr betreten Twelve After Elf die Bühne unter großem Jubel. Ziemlich überraschend legen sie mit einem ihrer bekanntesten Gassenhauer, „Broken Grass“, los und bringen den Saal bereits dementsprechend zum Kochen. Nein, es sollte kein Konzert mit heftigen Moshpits und etlichen Wall of Deaths folgen, aber dafür mit zahlreichen Headbang-Einlagen und einem jubelkräftigen Publikum – und was will man mehr?
Die Band selbst scheint im Live-Spielen richtig aufzugehen und dementsprechend diesem Moment entgegen fiebern, endlich mit alten Klassikern und vor allem neuen Songs auf der Bühne zu stehen. Erstmals gab es die Stücke „Warning Shot“ und „Good Life“ auf der Bühne, die sich auch auf der nagelneuen Platte „TAErapy“ befinden. Überraschend rockig und wenig brachial kommen diese Premieren rüber, wobei allerdings andere neue Nummern wie „Import Export“ und „Barnaba“ dagegen ordentlich nach vorne gehen.
Sänger und Frontmann Mathias Elsholz aka „Jablonski“ hat auch nach mehreren Jahrzehnten absolut nichts verlernt. Denn selbst im fortgeschrittenen grunzt er weiterhin mit voller Kraft ins Mikrofon und trifft jeden einzelnen Ton mit seiner einzigartigen, baritonalen Stimme. Mindestens genauso einzigartig ist die instrumentale Musik, gespielt von Drummer Jörg, Gitarrist Tuncay und Bassist Olli. Immens elanvoll und enthusiastisch wird das teilweise 25 Jahre alte Liedgut dargeboten, als wäre es die allererste Aufführung der Songs. Mit der teilweise sehr melodischen, teilweise knüppelharten Gitarrenarbeit entsteht eine außergewöhnliche Musikmischung, die man tatsächlich am besten mit „einzigartig“ beschreiben kann, denn genau das ist diese Musik. Genau das bekommt man zu spüren, wenn die Klassiker „Incense“ und „Cape Canaveral“ aus den Boxen erklingen und auf der Bühne so eine unfassbare Energie entfesselt wird, die unmittelbar auf das begeisterte Publikum übergeht. Das sind sie wahrscheinlich, diese magischen Momente auf Konzerten. Hier gibt es gleich mehrere.
Mit über 105 Minuten Konzert beweisen die Münchner Herren von TAE eindrucksvoll, dass sie es auch nach etlichen Jahren noch können und dem Großteil der Münchner Metal-Szene noch den Rang abspielt. Bleibt nur zu hoffen, dass der nächste Auftritt nicht wieder knapp drei Jahre dauert, sondern womöglich schon 2018 auf sich wartet.
Setlist: Broken Grass / Hyena / Import Export / O.N.F. / Headsand / Duzo / Squint / Run / Good Life / God After / McGillyCuddy / Bark / Warning Shot / Incense – Zugabe 1: Cape Canaveral / Barnaba (Gastfreundschaft) – Zugabe 2: Broken Grass
Bericht: Ludwig Stadler
Schreibe einen Kommentar