The Kraken – Hans Zimmer in der Olympiahalle (Kritik)
Seit Hans Zimmer 2014 seine Musik erstmals an zwei Abenden in London zur Aufführung gebracht hat, scheint er Blut geleckt zu haben: Es folgten ausgedehnte Tourneen mit unzähligen Auftritten in den größten Arenen der Welt. Seine Fans sind begeistert und freuen sich, nicht nur die Musik des legendären Filmkomponisten mit zahlreichen Musiker*innen zu erleben, sondern auch ihn selbst zu sehen und an verschiedenen Instrumenten zu bestaunen. Mit seiner neuesten Tournee „Hans Zimmer Live: The Next Level“ kommt er am 18. und 19. Oktober 2025 in die Olympiahalle München – natürlich restlos ausverkauft.
Etwas Verwirrung haben im Voraus die verschiedenen Projekte von Zimmer gestiftet, so tourt zeitgleich „The World Of Hans Zimmer“, eine Show, die vom Odessa Orchestra aufgeführt und von Zimmer (mit-)entwickelt wurde, aber ohne seine physische Anwesenheit. Auf der Bühne selbst steht er lediglich bei „Hans Zimmer Live“, das neben dem Komponisten zahlreiche Musiker*innen vereint, die über die Jahrzehnte an den Soundtracks beteiligt waren, einschließlich Originalsänger*innen wie Lebo M (Der König der Löwen), Lisa Gerrard (Gladiator) und Loire Cotler (Dune). Viele Studio-Musiker*innen seiner Projekte komplettieren das Aufgebot, zusätzlich zu einer Bläserfraktion und einem Chor. Kein Wunder also, dass der Auftritt bereits um 19:30 Uhr beginnt: Hier gibt es viel zu entdecken!
Dabei hat sich Zimmer entschieden, das Orchester diesmal wegzulassen und stattdessen auf mehr E-Gitarren und Percussion zu setzen. Er wolle die „elektronische Seite“ seiner Musik dieses Mal mehr erkunden, so zumindest seine Worte. Das mündet am Ende tatsächlich in deutlich rockigere Interpretationen seiner Werke, wie „The Kraken“ aus dem zweiten Fluch der Karibik-Teil, funktioniert prächtig bei elektronischeren Werken wie dem neuesten Score zum Film F1, hapert aber leider an den orchestraleren Werken wie „Dream Is Collapsing“ aus Inception. Auch Gladiator bleibt etwas hinter den Möglichkeiten zurück, obwohl Zimmer dieses Mal dem Film viel Platz einräumt. Viel habe er damals dazu geschrieben, auf dieser Tour solle das nun einmal Raum erhalten – mit einem rund 20-minütigen Medley.

Auch sonst gelingt ihm ein ansprechender Mix aus Werken, die nicht fehlen dürfen, wie Der König der Löwen, Fluch der Karibik, The Dark Knight oder Dune, aber auch selten gespielten Stücken aus Hannibal, The Da Vinci Code oder Angels & Demons. Im Einklang mit der Lichtshow, der doch meist beachtlichen Soundkulisse und eben diese Melodien, die wohl jede Person im Publikum seit teils Jahrzehnten begleiten, ist ein ergreifender Abend fast schon garantiert. Hans Zimmer selbst stellt jedenfalls wieder – in deutscher Sprache – freudestrahlend seine Musiker*innen vor und erzählt die eine oder andere Anekdote. Angenehm ist auch die Wahl seiner Mitstreiter*innen: Die Frauen in der Überzahl, Alter und Herkunft dürften kaum diverser sein. Endlich einmal keine Ansammlung von lediglich alten weißen Männern auf der Bühne.
Und dennoch: Ist das alles nun „The Next Level“? Wahrscheinlich eher nicht, denn selbst wenn das aktuelle und etwas elektronisch-rockigere Konzept aufgeht und immer noch für ein starkes, über dreistündiges Musikerlebnis sorgt, hinkt es in der Wertigkeit doch den vergangenen Touren hinterher, die zwar manchmal etwas zu pompös aufgetragen haben, aber insgesamt der angestrebten Soundlandschaft von Hans Zimmer doch mehr Tribut gezollt haben. Vielleicht also nicht das nächste Level – aber trotzdem noch ein ziemlich hohes!
Setlist Akt 1: Suite (The Dark Knight) / Intro (Dune) / What Are You Going To Do When You Are Not Saving The World (Man Of Steel) / To Every Captive Soul (Hannibal) / Chevaliers de Sangreal (The Da Vinci Code) / Suite (Gladiator) / Discombobulate (Sherlock Holmes)
Setlist Akt 2: Dream Is Collapsing (Inception) / 160 BPM (Angels & Demons) / Tennessee (Pearl Harbor) / F1 (F1) / Suite (Dune: Part Two) / Beyond Rangoon (Rangoon) / Suite + Murph (Interstellar) / Mother Africa + Suite (Der König der Löwen) – Zugaben: The Kraken + Suite (Fluch der Karibik 1 & 2) / Time (Inception)
Bericht: Ludwig Stadler


