Out There – Dinosaur Jr. in der Theaterfabrik (Bericht)

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© Ethan Covey

Mittwoch Abend in Johanneskirchen. Volksbewegung durch stille Gassen hin zur Theaterfabrik. Altersdurchschnitt: eher fortgeschritten, leicht männlicher Überhang. Vater-Sohn-Gespanne mitunter; heute spielen Dinosaur Jr. Nach Pandemie-bedingten Verschiebungen sind die stilprägenden Urgesteine des Alternative Rock endlich hier, mit ihrem aktuellen, wenn auch nicht mehr brandneuen Album »Sweep It Into Space« (2021) im Gepäck. Was auch immer die Dinosaurier da in Richtung Weltraum loszuwerden gedenken, die sich auf der Bühne türmenden Amps lassen wenig Zweifel an dem Mittel, das zu diesem Zweck anzustrengen sie im Sinn haben: Tosende Schalldruckwellen – introvertierte Songs, die in einer wundervollen Flut aus Verzerrung und Reverb aus zweistöckigen Verstärkern hervorbrechen.

Die Konzerthalle mit ihrem eigenwilligen Ambiente füllt sich zusehends, als um 20 Uhr Dinosaurs Support Act zu einem knappen, und zumeist recht kurzweiligen Set anheben: Garcia Peoples aus New Jersey begleiten Dinosaur Jr. bei ihren vier Konzerten in Deutschland. Die Band, eigentlich ein Sextett, hat sich folkigem Jam-Rock verschrieben. Die Hommage an den Grateful Dead-Kopf bleibt keine bloß nominelle. Heute treten sie in stark reduzierter und modifizierter Besetzung auf, und während sie mit ihrem ersten Stück, einer eher kompakten Nummer mit mehrstimmigem Gesang, unmittelbar überzeugen können, fehlt es den folgenden, längeren Jams an Energie und Dynamik. Nach dreißig Minuten landet das verbliebene Volk Garcias nach seinem Weltraumspaziergang etwas unrund und gibt die Bühne frei für das freudig erwartete Trio Mascis, Murph und Barlow.
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Mit »The Lung« von ihrem Durchbruchalbum »You’re Living All Over Me« starten Dinosaur Jr. in ihr Set. Das Bild, das die drei Herren auf der Bühne abgeben, wird sich für die nächsten knapp zwei Stunden kaum ändern: J Mascis steht wie unbeteiligt inmitten seiner annähernd halbkreisförmig um ihn aufgebauten Verstärker. Ob er auf seiner Seite der breiten Kluft, die ihn von der Welt um ihn her trennt, Freude an dem hat, was er tut, ist schwer auszumachen. Mit lustlosen Schrammeln hat das, was Mascis an seinen verschiedenen Gitarren – er lässt sich zu beinahe jedem Song eine neue reichen – abliefert, aber sicherlich nichts zu tun, im Gegenteil. Selten hört man Bands, die so gut, so punktgenau wie sie selbst klingen. Und nach einiger Zeit verstummen auch die Stimmen, die zunächst noch »louder!« gerufen hatten. Stattdessen entspinnt sich ein kleinkreisiger Moshpit im Zentrum der Publikumsmenge, der bis zum Ende des Konzerts nicht einschläft. Berechtigt, denn die Best-Of-Revue, die Dinosaur abliefern, hat es in sich. Die Band beherrscht ihre Stücke, ihren Sound und ihren Style. Die Riffs und Noise-Fanale, die Mascis und Barlow vom Stapel lassen, sind – in Ermangelung besserer Begriffe – so cool und lässig vorgebracht, dass man mitunter nicht anders kann, als breit zu grinsen.

Barlow ist der mit Abstand aktivste Teil des Trios. Ausgreifend traktiert er seinen Bass und schüttelt seine – im Unterschied zu Mascis noch nicht ergraute – Mähne. Er ist es auch, der es übernimmt, zu den Fans zu sprechen; unter anderem, um ein Ständchen für Drummer Murph zu verlangen, der heute Geburtstag hat – seinen 34-sten, behauptet Barlow augenzwinkernd. Zwar spielen Dinosaur auch einige Songs ihres aktuellen Albums, doch bei einer fast 20 Stücke langen Setlist bleibt mehr als genug Zeit für einen ausgedehnten Rundgang durch den Katalog der Band. ›All the Hits‹ lautet das Motto; von Perlen der Frühzeit wie »Gargolye«, »Little Fury Things« oder »Forget the Swan« hin zu nach der Reunion der Band in Originalbesetzung Mitte der 2000er entstandenen Stücken wie dem hervorragenden »Pieces«. Schließlich verabschieden sich die Herren von ihren verschwitzen, beseelten, ermüdeten Zuschauer*innen und kehren zu einer kleinen Zugabe zurück: »Watch the Corners«, ein Geschenk an den Herren im Publikum, der so enthusiastisch und ausdauernd darum bat, sowie das The Cure-Cover »Just Like Heaven«. Mit klingelnden Ohren und bis in die Haarspitzen befriedigt vom Konzert dieser Band, die bewiesen hat, dass sie ihren großen Namen noch immer bestens auszufüllen vermag, hinaus in die Nacht, in die stillen Gassen.

Setlist: The Lung / I Ain’t / Garden / Little Fury Things / Out There / Crumble / Pieces / I Expect It Always / I Met the Stones / The Wagon / Been There All the Time / Start Choppin / Feel the Pain / Mountain Man / Freak Scene / Gargoyle // Watch the Corners / Just Like Heaven