Fast schon kometenhaft stieg Wincent Weiss 2016 und 2017 in den deutschen Pop-Himmel auf, als nicht nur „Musik Sein“ mächtig in der Radio-Landschaft einschlug, sondern auch gefühlt alle seine folgenden Singles – „Feuerwerk“, „Kaum erwarten“, „An Wunder“ usw. Die Fanschar wurde größer, die Hallen beachtlicher. Schon 2018 hat er das Tollwood Sommerfestival restlos ausverkauft, im Jahr danach das Zenith. Nun, am 20. Juni 2022, kehrt er zurück in die Musik-Arena des Tollwoods im Rahmen der Sommertour 2022 – die erste richtige seit langer Zeit und zudem auch die erste, in der er sein drittes Studio-Album würdig vorstellen kann.
Den Beginn macht Fabian Wegener zu früher Stunde um 19 Uhr. Da sperrstundenbedingt der Startschuss am Tollwood immer etwas früher fällt, leidet das unter der Woche manchmal etwas an der Auslastung – und so beginnt Wegeners Set noch vor einer überschaubaren Zuschauermasse, die aber stetig mehr wird. In seinen gut 30 Minuten stellt der Münchner Liedermacher seine Werke im besten Stil des deutschsprachigen Pops vor. Das klingt dann teilweise zwar unverwechselbar ähnlich wie Genre-Kollegen von Max Giesinger bis Johannes Oerding, auch eine gewisse Ähnlichkeit zum Hauptact ist nicht abzusprechen, aber wohl genau das ist der Grund, wieso die Lieder äußerst gut ankommen. Der Applaus ist herzlich, das Gejubel für einen Support-Act außerordentlich und die Zeichen für seine erste eigene Tour, die ihn am 24. Oktober 2022 auch ins Strom München führt, stehen bestens.
In der Zwischenzeit hat sich die Musik-Arena doch deutlich mehr gefüllt, auch allerlei Familien und Kinder sieht man in den Rängen herumtanzen. 2017 in der Muffathalle war das noch anders – zwar war das Publikum auch außerordentlich weiblich und jung, aber durchgehend jugendlich. Mittlerweile ist Wincent Weiss doch eine Marke für familientaugliche Musik geworden, wie auch direkt sein erster Song „Musik sein“ um 20 Uhr beweist. Dazu schreitet er auf die Bühne und lässt das Publikum a capella selbst das Intro gestalten, bevor die gesamte Band einsteigt. Mit den Hits geht es erst einmal zackig weiter: „Hier Mit Dir“, „Die guten Zeiten“, „Kaum erwarten“ – es scheint fast so, als ob das Vergnügen heute wohl doch von eher kurzer Natur wäre. Doch die Entwarnung kommt bald. „Endlich haben wir mal Zeit!“, skandiert Weiss euphorisch, nach all den Festival-Terminen und kürzeren Time-Slots freut er sich über einen entspannten Abend ohne Zeitdruck und reichlich Nummern, die sonst nicht immer auf jeder Setlist landen. Rund 100 Minuten wird das Konzert am Ende dauern – und fraglos jede*n glücklich und zufrieden zurücklassen.
Vor allem kommunikativ und interaktiv zeigt sich Weiss an seinem München-Gastspiel. Er nimmt sich die Zeit, Hintergründe seiner Songs zu erklären, wird in der Thematik um Social Media und seiner Privatsphäre recht deutlich („Was die Menschen nicht wissen“), erzählt aber auch, dass er nun in den Norden zurückgezogen sei und zuvor in München gewohnt habe. Den Sprung ins Publikum wagt er schon während des zweiten Songs, kommt aber auch weitere Male in die Menge – um Präsenz auch im hinteren Teil der Location zu zeigen, um auf einen Pfosten zu klettern und dort herum zu taumeln, oder um einem jungen Fan zum 11. Geburtstag zu gratulieren. Es ist sein erstes Konzert, was die übereuphorische Mutter so laut schreit, dass es die ganze Musik-Arena erreicht – und es ist ein gutes erstes Konzert. Sogar einiges an Feuer-Pyro wird aufgefahren, vor allem für die Songs „Weck mich nicht auf“ (inklusive nicht so ganz funktionierender Einlage einer brennenden Lederjacke in bester Rammstein-Manier) und „Feuerwerk“. Der schließt dann auch das Konzert, welches sow0hl die Hardcore-Fan-Fraktion in den vorderen Bereich als auch die unzähligen Familien überzeugt haben dürfte und für einen runden Montagabend sorgt. Wincent Weiss darf wiederkommen – tut er auch, am 11, Juni 2023 in die Olympiahalle. Bis dahin wartet das Tollwood noch mit unzähligen Highlights auf!
Setlist: Musik sein / Hier mit dir / Die guten Zeiten / Kaum erwarten / Ein Jahr / Was die Menschen nicht wissen / Winter / Wo die Liebe hinfällt / Weck mich nicht auf / 1993 / Nur ein Herzschlag entfernt / Medley / Was machst du nur mit mir / Wer wenn nicht wir / Morgen / Frische Luft / An Wunder – Zugaben: Endlich leichter / Mittendrin / Feuerwerk
Bericht: Ludwig Stadler