Remurdered – Mogwai im Backstage (Bericht)

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© bdrmm

Der sonntägliche Abend des 22. Mai ist wieder so ein Termin, wo die geneigte Hörer*in von weitergedachter Rockmusik sich vor schwierige Entscheidungen gestellt sieht. Der Scheideweg führt zwischen den verschiedenen Locations des Backstage hindurch, rechterhand in der Halle spielen Motorpsycho, linkerhand locken die schottischen Postrock-Stars Mogwai. Wir entscheiden uns für den left-hand path – und werden schon vor offiziellem Beginn von Mogwais Support-Gruppe bdrmm überrascht, die schwungvoll in ihr Set starten. Der zunächst noch spärlich bestellte Zuschauerraum füllt sich stetig, während die vier Jungs aus UK einen ausnehmend angenehmen Auftritt hinlegen. Bdrmm (sprich Bedroom) spielen geschmackvollen, ausgewogenen Shoegaze, in dem sie Post Punk-Elemente mit Klängen, die eher aus der Emo- / College Punk-Ecke stammen, kombinieren, jedoch auch immer wieder Ausflüge in schwerere, drückendere Spielarten des Genres (à la Jesu, Planning For Burial etc.) unternehmen. Bdrmm haben bis jetzt ein Album vorgelegt (Bedroom genannt…), das hiermit ausdrücklich empfohlen sei. Nach rund einer dreiviertel Stunde verabschiedet sich die Band.

Bühne frei für Mogwai. Mit dem Bild eines immensen weißen wütigen Hundes oder Fuchses im Rücken beginnen die Glasgower ihr Set mit »To The Bin My Friend, Tonight We Vacate Earth« vom aktuellen Album As The Love Continues. Und als dann der mächtige Synthesizer sich den flächigen Gitarren zugesellt, weiß man, warum es eine sehr gute Idee war, sich hier her zu begeben. Selbst mit der schicksten Heim-Hifi-Anlage und der größten Rücksichtslosigkeit gegen die Nachbarn kann man die physische Qualität, die die Schotten live entfalten, nicht im Wohnzimmer simulieren. Alsbald folgt »Rano Pano« von einem der schönsten Alben der Gruppe, Hardcore Will Never Die, But You Will. Man fühlt sich, die ausschweifende Bebilderung sei nachgesehen, wie auf einer warmen, leuchtenden, nach Chlor riechenden Welle aus dem Außenbecken eines Schwimmbades immer höher und höher, den tief hängenden Wolken eines dunkelnden Winternachmittags entgegen gehoben, heimelig und verloren zugleich.

© Antony Crook

Merklich ist es jedoch ein Anliegen der Schotten, an diesem Abend, bzw. auf dieser Tour auch ihre ruppigere Saite zum Klingen zu bringen. Zu mehreren Gelegenheiten verlässt Barry Burns seinen angestammten Platz am Synthesizer-Pult und greift zur Gitarre, um mit seinen vier Kollegen rein Saiten-basierten Radau zu machen. Dazu laden zum einen einige der naturgemäß die Setlist dominierenden Songs von As The Love Continues ein (»Ceiling Granny«, »Drive The Nail«), zum anderen scheinen Mogwai auch gezielt Stücke mit erhöhtem Dissonanzgehalt aus ihrem Katalog ausgewählt zu haben (»Mogwai Fear Satan«, »Like Herod«, »How To Be A Werewolf«). Besonders eindrücklich gerät das an Pink Floyds »One Of These Days« erinnernde »Remurdered«. Ausgespart bleiben dafür eine Reihe anderer äußerst beliebter Nummern aus dem Œuvre der Schotten wie »We’re No Here«, »Wizard Motor« oder »Cody«. (Bandkopf Stuart Braithwaite greift nur einmal während des ganzen Abends zum Mikrophon, um sich nicht herzlich für den nachdrücklichen Applaus des Publikums zu bedanken, sondern um zu singen, und zwar beim schönen, als Zugabe gegebenen »Ritchie Sacramento«.) Doch bei einer Band, die auf so viele hervorragende Stücke und Alben zurückblicken kann, dürfte jede Songauswahl mit einer kleinen Enttäuschung verbunden sein. Eine Enttäuschung, die Mogwai an diesem Abend wieder einmal durch ihre professionelle Wucht als Live-Erscheinung mehr als kompensieren.

Setlist: To the Bin My Friend, Tonight We Vacate Earth / Dry Fantasy / Rano Pano / Hunted by a Freak / Friend of the Night / Ex-Cowboy / Midnight Flit / How to Be a Werewolf / Remurdered / Ceiling Granny / Drive the Nail / Like Herod // Zugabe: Ritchie Sacramento / Mogwai Fear Satan

Bericht: Tobias Jehle