Musical,  Theater

Schillernd und stark – „Kinky Boots“ im Deutschen Theater (Kritik)

Glamour trifft auf große Gefühle und eine wichtige Botschaft: Seit dem 28. Oktober 2025 ist das Broadway- und West-End-Musical Kinky Boots auf der Bühne des Deutschen Theaters zu sehen. Die außergewöhnliche Story des Musicals basiert auf einer wahren Begebenheit: Ende der 1990er-Jahre drehte die BBC eine Doku über eine nordenglische Schuhfabrik, die durch die Herstellung von High Heels für Drag Queens vor dem finanziellen Ruin bewahrte. Nach der Verfilmung folgte 2012 das Musical mit der Musik von Cyndi Lauper und dem Buch von Harvey Fierstein.

Charlie (Dan Partridge) erbt nach dem Tod seines Vaters die Schuhfabrik Price & Son in der englischen Provinz Northampton, die seit Generationen im Besitz der Familie ist. Charlie kehrt daraufhin aus London, wo er mit seiner Verlobten Nicola (Joanna O’Hare) frisch hingezogen ist, in seine Heimat zurück. Dort findet er die Fabrik in finanziellen Schwierigkeiten vor. Um das Familienunternehmen zu retten, tut sich Charlie mit der Drag-Performerin Lola (Tosh Wanogo-Maud) zusammen. Es entsteht eine außergewöhnliche Freundschaft und eine ausgefallene Geschäftsidee: robuste, modische Stiefel mit strapazierfähigen Absätzen für Drag Queens.

© Pamela Raith Photography

Unter der Leitung von Grant Walsh entfaltet die Live-Band eine Energie, die den Saal erfüllt und spätestens ab dem Song „Land of Lola“ das Publikum mit voller Wucht packt. Tosh Wanogo-Maud als Lola ist das Herzstück der Inszenierung: Mit einer Bühnenpräsenz, die atemlos macht, beeindruckt er sowohl gesanglich als auch tänzerisch auf höchstem Niveau. Sein Facettenreichtum – von selbstbewusster Drag Queen bis hin zum unsicheren Simon – berührt in jeder Szene. Besonders bewegend wird es beim Song „I’m Not My Father’s Son“, bei dem im Publikum so manche Träne vergossen wurde.

Das hervorragend durchdachte Bühnenbild (Robert Jones) schafft es, die Zuschauer*in nahtlos zwischen der Fabrikhalle, den funkelnden Bühnen der Drag Queens und stimmungsvollen Bars zu transportieren. Die Übergänge sind so präzise gestaltet, dass man keinen Moment aus dem Zauber der Geschichte um Charlie, Lola und das Fabrik-Team gerissen wird. Die Choreografie von Leah Hill erfüllt alle Erwartungen, die man bei einer Show mit Drag-Elementen erwartet, und zeigt die Darstellenden in beeindruckender Synchronität. Tango-Elemente in „What a Woman Wants“ und die erste Drag-Nummer „The Land of Lola“ lassen die Tänzer*innen in jedem Moment glänzen. Auch die Kostüme, funkelnd und detailreich, tragen ihren Teil zur magischen Atmosphäre bei.

© Pamela Raith Photography

Nicht nur die preisgekrönten Songs und die hervorragend durchdachten Tanznummern, auch die zahlreichen komödiantischen Momente reißen das Publikum mit. Besonders viele Lacher erntet Courtney Bowman als Lauren während ihres Songs „The History of Wrong Guys“, den sie mit großartigem Sinn für Witz, stimmlicher Brillanz und Authentizität auf die Bühne bringt. Kinky Boots begeistert nicht nur visuell und klanglich: Im Kern geht es um zeitlose Botschaften. Toleranz, Akzeptanz und der Mut, zu sich selbst zu stehen, ziehen sich wie ein roter Faden durch die Show – und wirken heute so wichtig wie am ersten Tag.

Am Ende bleibt das Gefühl, eine Show erlebt zu haben, die gleichermaßen Herz, Humor und Energie versprüht. Kinky Boots feiert die Vielfalt, lädt zum Lachen ein und rührt zu Tränen, ohne je aufdringlich zu wirken. Wer Lust auf ein Musical hat, das unterhält und gleichzeitig wichtige Botschaften transportiert, sollte diese Produktion am Deutschen Theater auf keinen Fall verpassen.

Kritik: Martina Reichelova

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner