Konzerte,  Pop & Crossover

Lifetimes – Katy Perry in der Olympiahalle (Bericht)

Auch wenn besonders ältere, seit vielen Jahrzehnten aktive Musiker*innen einen Pflicht-Tourstopp in München einlegen, ist das bei Popstars internationalen Kalibers nicht immer der Fall. Pünktlich an Halloween hat sich allerdings eine Sängerin angekündigt, die seit rund 17 Jahren zur absoluten Speerspitze des Pops zählt: Katy Perry. Ihre Alben „Teenage Dream“ und „Prism“ zählen zu den erfolgreichsten Pop-Alben der 2010er-Jahre, auch in den letzten Werken gelangen ihr immer wieder Hits. Auch wenn sie zuletzt einige unglückliche Entscheidungen getroffen hat, ist ihre „Lifetimes“-Tour nun fraglos eine der spannendsten dieses Jahres. Am 31. Oktober 2025 in der Olympiahalle München ist die Freude und Anspannung jedenfalls riesig.

© Sophie Köstner

Keine Frage, dass das Konzert rasend schnell ausverkauft gewesen ist. Allzu groß gestaltet sich die Kapazität auch gar nicht – die Bühne mit einem riesigen Laufsteg in Form eines Infinity-Zeichens zieht sich durch den gesamten Innenraum. Dafür hat sich das Publikum für den Anlass des Konzerts, aber auch den schaurigen Jubeltages ordentlich in Schale geworfen: Als Hai, Pommestüte, Teufel oder Kürbisse kommt das Publikum verkleidet, eine Gruppe von Männern in ihren 30er-Jahren ist grün angemalt und scheint als eine Art Gurke jubelnd Bier zu exen – zumindest rätselt auch Katy Perry später, was genau die angetrunkene Truppe darstellen soll. Zuvor darf aber erst einmal Becky Hill rund 35 Minuten ein Best-Of ihrer Collabo-Songs mit zahlreichen DJs, vorrangig David Guetta, zum Besten geben. Das macht sie gesanglich auch astrein, und durch die bekannten Radio-Melodien können auch einige mitsingen, insgesamt wirkt der Auftritt jedoch reichlich unspektakulär.

© Sophie Köstner

Nachdem der Abend ein wenig Verspätung hat, gehen die Lichter erst um 21:20 Uhr aus, bevor die Leinwand aus lauter kleinen, schrägen LED-Screens ein futuristisches Szenario aufmacht, in dem sich die Münchner*innen nun auf die Reise machen. Mittelpunkt davon: Katy Perry, als Bühnenfigur eine Mischung aus Mensch, Alien und Roboter, die von Land zu Land springt und so ihre Show in verschiedene Kapitel unterteilt. In ihrem ersten Block schwebt sie jedenfalls direkt über das Publikum und bewegt sich mit ihren insgesamt zehn Tänzern perfekt choreografiert zu extrem tanzbaren Rhythmen von „Chained To The Rhythm“ oder „Dark Horse“. Im zweiten Block – „Woman’s World“ – entert sie dann den Infinity-Laufsteg und taucht in ein Sammelsurium aus Werken ihrer ersten beiden Alben ein: „California Gurls“, „Teenage Dream“, „Hot N Cold“, „Last Friday Night“ und als Grand Finale natürlich „I Kissed A Girl“. Spätestens hier, gerade einmal rund eine halbe Stunde im Konzert, erinnert man sich wieder an die Hit-Dichte, die die Amerikanerin im Laufe ihrer Karriere produziert hat.

Auch wenn Perry auf Tanzbarkeit und wummernden Bass setzt, spielt sie dennoch mit vierköpfiger Live-Band, die besonders bei den älteren Stücken ihren Pop-Rock-Flair überraschend organisch zum Klang bringen. Auch die Sängerin selbst ruht sich, trotz ihrer rastlosen Show, nicht auf Playback-Spuren aus, sondern singt live und scheut sich nicht vor manchen gesanglichen Höhen. Zwar läuft manchmal ein Backing-Track mit, den sie alleine schon für tänzerische Pausen braucht, aber meistens dient dieser maximal dazu, dass sie eine zusätzliche Zweitstimme darüber singen kann. Vielleicht kommt hier aber auch die Puristin durch: Angefangen mit Gospel-Rock in der christlichen Community, hat sie danach erst mit etablierten Produzenten ihr Girlie-Pop-Image Ende der 00er-Jahre entwickelt. Vor akustischen Ausflügen fürchtet sie sich jedenfalls nicht, was ihre Versionen von „Double Rainbow“ und „The One That Got Away“ beweisen. Die Fans durften die Songs aussuchen, dazu hat sie sich auch einige Personen aus der Menge auf die Bühne geholt: zwei Kinder, zwei Kürbis-Männer und eine Dragqueen, die nach einer grandiosen Tanzeinlage zu „Swish Swish“ zurecht eine grölende Olympiahalle erntet.

© Sophie Köstner

Insgesamt gerät aber gerade dieser sicherlich persönliche und innerhalb der perfekt konzipierten Show flexible Teil zu langatmig, selbst wenn sich Perry bemüht, besonders viele Schilder zu lesen, teils unbeholfene Witze zu reißen und den Münchner*innen bestmöglich zu signalisieren: Das hier ist nicht nur ein Konzert von vielen. Allein schon das Datum hilft hier ungemein: Ihre Tänzer verkleiden sich im letzten Block, auch fragt Perry ihre Crew schon zu Beginn, was denn ihre Lieblings-Halloween-Kostüme waren. Zwischen alledem: Ihre epochale Produktion. Seltsame Momente wie ihr Im-Kreis-Laufen bei „Part Of Me“ oder ihre Laserschwert-Kämpfe gegen bewegliche Lüftungsrohre sind unlängst auf Instagram und TikTok viral gegangen, doch abgesehen von diesen fraglos witzigen Einfällen ist die gesamte Show vor allem eins: Unfassbar stark! Ob Pyro, Bühnenelemente, Choreografien, umherfliegende Käfige, eine auf einem riesigen, undefinierbaren Vieh umherfliegende Katy Perry bei „Roar“ oder sogar einfach nur an Seilen umherfliegende Sängerin während „Nirvana“ – immer kommt noch ein neuer Einfall. Am Ende verabschiedet sich Katy Perry gegen 23:30 Uhr mit „Firework“ und einer Arena-Show, die wohl nicht nur im Jahr 2025 ihresgleichen sucht.

Setlist: Artificial / Chained To The Rhythm / Teary Eyes / Dark Horse / Woman’s World / California Gurls / Teenage Dream / Hot N Cold / Last Friday Night (T.G.I.F.) / I Kissed A Girl / Nirvana / Crush / I’m His, He’s Mine / Wide Awake / Double Rainbow / The One That Got Away / All The Love / E.T. / Part Of Me / Rise / Roar / Daisies / Lifetimes / Firework

Bericht: Ludwig Stadler
Fotos: Sophie Köstner

© Sophie Köstner
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