The Indigo Streak – Greta van Fleet im Zenith (Bericht)

Veröffentlicht in: Konzerte, Metal/Rock | 1

Was haben sie vor einigen Jahren nicht für Aufmerksamkeit auf sich gezogen zwecks ihres so gewohnten und gerade deshalb ungewohnten Sounds: Greta van Fleet. Als wäre man zurückversetzt in die alte, kernige Rockmusik der 70er-Jahre, während da doch Musiker in den Anfängen ihrer Zwanziger ihr Unwesen treiben. Vergleiche mit Led Zeppelin kommen nicht von ungefähr, die Musik ist nicht nur Inspirator, sondern sicher auch hier und da ein bisschen mehr, aber dennoch: das Konzept geht auf. Mit dem mittlerweile dritten Album „Starcatcher“ ist die Band aus Michigan zurück in München, am 28. November 2023 im Zenith – ausverkauft.

Den Startschuss macht aber erstmal Bluesrock-Sängerin Hannah Wicklund um 19 Uhr mit reichlich groovigem Material, bevor etwas später die zweite Vorband des Abends 30 Minuten das Vergnügen hat, den Münchner*innen einzuheizen: Black Honey. Leider ohne Banner ausgestattet und auch sonst etwas wortkarg, muss man länger rätseln, welche Band denn da gerade musiziert, denn die Musik weiß durchaus zu gefallen und führt zu stetigem Applaus. Dass das Interesse aber vorrangig, wenn nicht sogar ausschließlich am Hauptact besteht, wird dann klar, als beim rund fünf Minuten langem Sound-Intro schon fleißig gegrölt wird.

© Neil Krug

Um 20:45 Uhr löst sich die Spannung, der Vorhang fällt und der Blick fällt auf die drei Brüder Kiszka und Schlagzeuger Danny Wagner, die wie bei einem Postermotiv aneinandergereiht im Scheinwerferlicht stehen, bevor sie „The Falling Sky“ anstimmen und nicht lange zündeln, sie lassen es wortwörtlich knallen: Pyro, Feuer, brennende Bühnenelemente und am Ende bei der Zugabe noch Funkenregen. Es wurden offensichtlich keine Kosten und Mühen gescheut, die US-Arena-Produktion auch nach Europa zu bringen. Das wertet den Abend und die Musik ordentlich auf, setzt Akzente und untermalt noch einmal die Performance der vier Musiker. Die könnte musikalisch kaum stärker sein: Sam und Jake an Bass und Gitarre glänzen herausstechend, was vor allem die Gitarre immer wieder in ausführlichen Soli beweist, ebenso Drummer Danny, der einen ganzen Solo-Part gewidmet bekommt, wenngleich dieser am Ende an seiner schieren Länge leidet. Zwangsläufig hervorstechend: Frontmann Josh. Wie sich der mittlerweile 27-Jährige mit seinem Organ durch die Lieder singt, ist schwer beeindruckend. Kein Ton ist schief, keine Note geht daneben.

Vielleicht ist genau das auch ein Problem des Abends: das dauerhafte Präsentieren der musikalischen Fertigkeiten. Für 12 Lieder wird das Quartett ganze 120 Minuten benötigen – nicht aufgrund der Länge der Songs, das bewegt sich im Mittelmaß, nein, die ausufernden Extra-Parts und Unterbrechungen für solistische Momente werden extrem ausgereizt und führen schlußendlich doch zu einer gewissen Müdigkeit. Wieso nicht 2-3 Lieder mehr in die Setlist packen und anstatt der bis zu 20 (!) Minuten langen Solo-Parts „nur“ 10 Minuten? Spielerisch wird immerhin deutlich klar, wieso Greta van Fleet an dem Punkt sind, wo sie zurecht hingehören: auf der großen Bühne. Denn astreine Rockmusik machen, das können sie! Bereits kommenden Sommer wieder in München zu erleben: Am 6. Juli 2024 kommen sie auf das Tollwood Sommerfestival.

Setlist: The Falling Sky / The Indigo Streak / Lover, Leaver (Taker, Believer) / Meeting The Master / Heat Above / Highway Tune / Unchained Melody (Hy Zaret & Alex North cover) / Waited All Your Life / Black Smoke Rising / Fate Of The Faithful / Sacred The Truth / The ArcherZugaben: Light My Love / Farewell For Now

Bericht: Ludwig Stadler

  1. Bernd Drewes

    Mit meinen 65 Jahren bin ich vielleicht für diese Form der „Rockmusik“ zu alt. Oder es liegt daran die Rockmusik aus den 70er 80er Jahren sehr gut zu kennen. Das die Jungs handwerklich gut sind bezweifle ich nicht aber um Rockmusik rüberzubringen reicht es bei weitem nicht. Wo waren Emotionen, Leidenschaft und Interaktion mit dem Publikum? Man geht nicht weg um sich zu „duschen oder ne Pizza“ zu holen oder was auch immer. Zusammen auf der Bühne stehen, Party machen mit den Fans, darum geht’s. Keine ewig langen Solis, die sich nach “ Jugend forscht anhören oder immer die gleiche hohen Töne, wenn auch gut getroffen, in das Micro schreien. Aber wie gesagt, ich bin Alt und diese amerikanische Show ist wohl nichts für Leute meiner Generation die Rockmusik noch kennengelernt haben als es noch darum ging gute Musik ohne große Show abzuliefern. Ich hab noch bei keinem Konzert erlebt das so viele vorzeitig gegangen sind. Wir auch.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert