„Es ist schön, am Ostersonntag für den Herrgott zu spielen.“ Das sagt einer, der es wissen muss: Black Metal-Urvater Tom Gabriel Fischer hat mit Triptykon schon 2014 das Fest der Auferstehung des Herren auf seine ganze eigene Weise gefeiert – wo? Beim Dark Easter Metal Meeting im Backstage natürlich! Das inzwischen auf zwei volle Tage ausgedehnte Festival ist ein Magnet für alle auf Black- und Death Metal-Gepolten aus dem Um-, In- und Ausland. Am 20. und 21. April 2019 findet das luziferische Zusammenkommen zum siebten Male statt, der Veranstalter MRW Concerts hat ein vollständiges und gestandenes Billing vom Stapel gelassen, das Vorfreude weckt – und die Hoffnung, es möge nicht wie im letzten Jahr bis zur letzten Minute von Absagen und Neubesetzungen zerrüttet werden. Dass Herr Fischer auch seinen nächstjährigen Ostersonntag im Backstage verbringen wird, sei vorweggenommen. Doch zunächst der Karsamstag:
Tag 1
Tiamat, die schwedische Gothic Metal-Band, wird den ersten Tag headlinen! Und weil wir uns ja bei einem Black- und Death Metal-Festival befinden, werden Frontmann Johan Edlund und seine Mannen ein Oldschool-Set darbieten. Hellyeah! Wer das „Werk“, neben „Halle“ und „Club“ die größte der drei Backstage-Bühnen, bespielen wird, ist ebenso kein Geheimnis mehr: Tsjuder. Die Norweger dürften all jene schwarz-metallischen Traditionalisten beglücken, die sich von unorthodoxen Tendenzen im ernsten Geschäft der antichristlichen Mission verunsichert fühlen: Schnell, kalt, kompromisslos, ist bis heute der Leitfaden der Band, die seit 2011 nach vorübergehender Auflösung wieder regelmäßig tourt und Alben veröffentlicht – zuletzt „Antiliv“ (2015).
Der einzig legitime Grund für eine Death/Black Metal-Band, sich Necrophobic zu nennen: Wenn ein Slayer-Song Pate gestanden hat. Dass schwedische Bands dieses Genres eine ausgeprägte Vorliebe für Melodien haben als ihre Nachbarn in Norge, beweist sich auch an Necrophobic, von deren ursprünglichem Line-Up nur noch Drummer Joakim Sterner übrig ist. 2018 haben die Schweden ihr achtes Album, „Mark of the Necrogram“, herausgebracht.
Mit Advent Sorrow hält nicht nur eine Band von der anderen Seite des Globus, nämlich aus Australien, an prominenter Stelle Einzug ins Backstage, sondern auch „die andere Seite“ des Black Metal, wo das charakteristische Schreien keines des Kampfes ist, um das Metzeln der Feinde durch die „Panzerdivision“ zu begleiten, sondern eines des Seelenkampfes, des Leidens an der Welt und ihrer Zerstörung, am Vitamin-D-Mangel etc. Die Aussies, die 2009 zusammengefunden haben, können erst auf eins, dafür sehr empfehlenswertes Album zurückblicken, „As All Light Leaves Her“ von 2015.
And now for something completely different: Midnight aus den USA bereichern den Gabentisch um den dreckige Spirit von Motörhead und Venom. Unter dem Motto Black Rock‘n‘Roll hat das Ein-Mann-Projekt von Jamie Walters alias Athenar seit 2003 eine stattliche Anzahl an Veröffentlichungen unters Volk gebracht.
Von Australien und Amerika heim ins Virus-geplagte Westdeutschland: Alexander von Meilenwald betätigt sich seit der Auflösung der wegweisenden deutschen Black Metal-Band Nagelfar als einziges Mitglied der hochgelobten The Ruins of Beverast. Unter diesem Namen veröffentlicht er anspruchsvolle, atmosphärisch dichte Werke zwischen Black- und Doom Metal. Auch wenn von Meilenwald möglicherweise nicht das „schwärzeste Schaf“ in dieser Hinsicht ist, so ging er mit Nagelfar doch gewisse „unheilige Allianzen“ (Live-Auftritt zusammen mit Riger und Absurd) ein und sei somit als Aufhänger für den Hinweis gerechtfertigt, dass sich KiM von jedweder rechter Ideologie distanziert und weder Bands noch deren Anhängern, die sich mit solchen Gedankengut identifizieren, zur Plattform werden will, sondern sich auf das Dark Easter als das freut, was es sein soll: ein spannendes, unkonventionelles Musikfest.
Spannend wird es sicher auch mit Gehenna. Mit den Norwegern beehrt noch eine traditionsreiche skandinavische Kapelle, die seit Anfang der 90er aktiv ist, das DEMM 2019. Nachdem die Band seit fünf Jahren kein neues Material vorgelegt hat, ist Hoffnung auf ein „Best Of“-Programm sicherlich berechtigt.
Gitarrist und Sänger Steffen Kummerer hat in den ersten Monaten des Jahres 2019 gleich zweimal im Backstage zu tun: Am ersten Februar spielt er mit seiner Tech-Death-Gruppe Obscura in der Halle, zum Dark Easter bringt Kummerer stattdessen Thulcandra und damit hochauflösenden angeschwedelten Black Metal mit.
Wer gibt sich mit E-Gitarre und Keyboard zufrieden – wen man auch Bläser haben kann? Wofür Behemoth über den grünen Klee gelobt werden, das ist für die Atmospheric Black Metal-Urgesteine von Sear Bliss seit jeher fester Bestandteil des Programms. Die Ungarn um Bassist und Sänger András Nagy sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen.
Ebenfalls ein Faible für Blasinstrumente haben die New Yorker Imperial Triumphant, jedoch interessieren sie sich weniger fürs Wagnerisch-Epische, sondern tauchen ihren avantgardistischen Black Metal in einen düster-goldenen Jazz-Tiegel. Klingt wie aus der Magnum-Werbung, (trotzdem) unbedingt anschauen!
Nein, mit Jazz haben Urn wirklich nichts am Hut. Mit Hochgeschwindigkeit und flatterndem Patronengurt schießt das Trio aus den finnischen Wäldern, die Welt mit unheiligem Black/Thrash zu beglücken.
Die Wurzeln von Endezzma gehen zwar zurück bis in die 90er, unter diesem Namen besteht die Band jedoch erst seit 2005. Ist aber auch egal – norwegischer Black Metal bleibt norwegischer Black Metal und, so viel ist sicher, von norwegischem Black Metal verstehen Endezzma etwas.
Für die ausgefallenen Baest eingesprungen sind Mord’A’Stigmata aus Polen. Mit ihrem kalten, schweren Post-Black Metal reiht sich die Band in vorderster Front in den hochqualitativen musikalischen Output des Landes im Bereich extremen Metals ein.
Ebenfalls am ersten Tag des DEMM 2019 spielen Decembre Noir (Melodic Doom/Death Metal), die bereits 2017 mit von der Partie waren, sowie Essenz aus Berlin (Doom/Black Metal), Goath (Black/Death), die Anfang 2018 im Feierwerk zu sehen waren, sowie die Münchner Dead Alone.
Tag 2
Muss man noch viele Worte über Triptykon und Thomas Gabriel Fischer alias Tom G. Warrior verlieren? Der Mann, sein Schaffen, seine Bands Hellhammer, Celtic Frost und Triptykon haben längst Legenden- oder zumindest Kultstatus erlangt. Der Schweizer hat zum einen die primitive Rohheit und Brutalität des frühen Black Metal konsequent zu Ende gedacht, zum anderen dieser extremen Musik einen Schubs in Richtung Kunst gegeben; und kräftig genug war dieser Schubs, um über flache Konzepte von Naturmystik und Ahnenkult hinwegzutragen, hinein in die schleimig-metallischen Rachen von Gigerschen Monstern, im All oder im Unterbewusstsein lauernd. Ein über alle Zweifel erhabenes Must-Go also führt diesen zweiten Tag des Dark Easter 2019 an, dicht gefolgt von einer ganz anders ausgerichteten Kapelle:
Unleashed feiern 2019 30-jähriges Jubiläum, verschwenden jedoch keinen Gedanken ans Aufhören. Stattdessen veröffentlichten sie 2018 mit „The Hunt for White Christ“ das vierte Kapitel in der „unendlichen Geschichte“ Midgard Warriors gegen White Christ: Post-apokalyptische Wikingersagas plus heroischer Death Metal – was will man mehr? …
Taake sollten eigentlich schon 2018 auf dem Dark Easter spielen, nachdem sie diesen Termin nicht wahrnehmen konnten, setzten bzw. setzten die den norwegischen Nationalstolz mit dem Banjo verteidigenden Black Metaller zur Überkompensation an: Nicht nur holen sie den verpassten Dark Easter-Auftritt 2019 nach, sondern spielten auch im Oktober ein reguläres Konzert im Backstage.
Wer mit Wikingersagas oder War-doch-gar-nicht-ernst-gemeint–Hoest nicht so wirklich warm werden will, für den oder die sind vielleicht eher Harakiri For The Sky ein Bezugspunkt. Das österreichische Post-Black Metal-Duo lieferte schon beim 2017er-DEMM einen rigorosen Auftritt ab, der Erfolg ihres aktuellen Albums „Arson“ dürfte ihnen einen Platz auf der Werksbühne sichern. Und wem das nicht reicht, der kann sich bei Karg vergnügen, dem Zweitprojekt von Sänger J.J.
Noch nicht genug von melancholischen Tönen aus dem deutschsprachigen Raum? Siehe: Waldgeflüster und Nocte Obducta!
Female Fronted Black Metal? Hmm… Bethlehem? Fast richtig. Beim DEMM 2018 ließ Yvonne Wilczynska alias Onielar als Sängerin von Bethlehem wohlige Nadelkaskaden auf die versammelten Trommelfelle niedersausen, eine Wonne, auf die man auch 2019 nicht verzichten muss, wenn Onielar mit ihrer Hauptband Darkened Noctrun Slaughtercult hochklassigen Black Metal nach München bringt. Ebenfalls female fronted sind Convictive aus dem Ruhrgebiet, für die sich ein zeitiges Erscheinen am Ostersonntag sicherlich lohnt.
Neben Taake hätten auch Helheim und Dawn of Disease eigentlich schon 2018 auf dem DEMM spielen sollen. Helheim nehmen das Wikingerding sichtlich ernster als Unleashed und Konsorten und binden nordische Elemente auch in ihre Musik ein, während Dawn of Disease sich auf rasanten Schwedentod verstehen – wie auch LIK, die obdrein tatsächlich aus Sverige stammen.
Wer sich einen so un-googlebaren Namen wie Possession zulegt, der muss musikalisch herausragen. Genau das ist den belgischen Black Metallern mit ihrem viel gelobten und Suchmaschinen-freundlichen Album „Exorkizein“ gelungen – nicht verpassen!
Was auch für Firtan, Infestus und Thormesis gilt, die unter dem Label Black Metal aus Deutschland zu vereinigen erlaubt sei.
Für wen bei dieser Auswahl nichts dabei ist, der/dem ist mit Extreme Metal-Festivals wohl generell nicht beizukommen. Ansonsten:
Karten! HIER!
20. April 2019:
TIAMAT, TSJUDER, NECROPHOBIC, ADVENT SORROW, MIDNIGHT, THE RUINS OF BEVERAST, GEHENNA, THULCANDRA, SEAR BLISS, URN, ENDEZZMA, IMPERIAL TRIUMPHANT MORD’A’STIGMATA, DÉCEMBRE NOIR, ESSENZ, GOATH, DEAD ALONE
21. April 2019:
TRIPTYKON, UNLEASHED, TAAKE, HARAKIRI FOR THE SKY, DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT, DORNENREICH, HELHEIM, NOCTE OBDUCTA, WALDGEFLÜSTER, POSSESSION, DAWN OF DISEASE, LIK, FIRTAN, KARG, INFESTUS, THORMESIS, CONVICTIVE