Erst knappe zehn Minuten nach dem offiziellen Einlass öffnet das Ampere an diesem warmen Herbstabend, dem 12. Oktober 2018, seine Pforten. Bis kurz nach 19 Uhr sind nämlich aus dem Inneren der Halle noch die Klänge vom Soundcheck zu hören. Namentlich ein tiefer dumpfer Bass. Doch die Halle füllt sich schließlich, wenn auch zunächst etwas schleppend, was den Zugang zur Bar jedoch umso einfacher gestaltet.
Einige Minuten nach halb acht stehen plötzlich auch schon Fye und Fennek auf der Bühne. Die blonde, junge Sängerin Fye trägt einen türkisgrünen Onesie und weiße Sneaker, auf der Bühne zu ihren Füßen hat sie eine Flasche Club Mate. Sie wirkt damit ähnlich alternativ wie der Großteil des (noch) vorwiegend weiblichen, tanzenden Publikums. Die Band besteht aus dem Kollegen Fennek, der eifrig und konzentriert zwischen Moog, MIDI-Keys und einer Epiphone ES-339 zuhause ist und den Publikumskontakt eher zu meiden scheint, ganz im Gegensatz übrigens zur Frontfrau des Synthie-Pop-Duos. Zweifelsfrei motiviert die elektronische Musik, die übrigens größtenteils vom Laptop kommt, ohnehin schon zum Tanzen. Doch verantwortlich für die ausgelassene Stimmung im Publikum ist eindeutig Fye, die selbst bei jedem Song tanzt und überaus charismatisch auftritt. Selbst als ihr die Gitarre, die der Mann an den Tasten ihr für kurze Zeit übergibt, kurzerhand vom Gurt rutscht, nimmt ihr das niemand übel, sondern sie schafft es, diesen überaus menschlichen kleinen Fehler flüssig zu überspielen. Trotz der Aufregung der Newcomer merkt man hier an einigen Stellen doch schon eine gekonnte Bühnenpräsenz. Schließlich entlassen uns die beiden nach etwa 40 Minuten in die Pause.
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Hill und seine Musiker bauen persönlich um. Einige Minuten später geht das Licht aus. Noch ein ganz kurzer Soundcheck und – Mist, da stimmt wohl etwas nicht. Einer der Instrumentalisten hört keinen „Click“ auf seinem Kopfhörer. Also noch einmal ran. Doch gleich beginnt auch schon die Show und die Künstler entführen uns in eine Welt der elektronischen Beats, des Synthie-Pop, der funkigen Riffs und bunten Effekte. Die Musik klingt zeitgemäß tanzbar, ist jedoch weit mehr als seichter Mainstream. Lui Hill überzeugt nicht nur mit seiner wandelbaren Stimme, sondern sticht vor allem durch das gekonnte Spiel des studierten Schlagzeugers hervor. Die Beats wirken so nicht starr und programmiert, sondern immer lebendig, abwechslungsreich und spannend. Es verwundert nicht, dass der Künstler also auch reine Instrumentalstücke ohne Gesang in die Abendgestaltung einbringt.
Er spielt übrigens im Gegensatz zu den meisten seiner Schlagzeuger-Kollegen den ganzen Abend im Stehen. Das Drum-Set ist ein bunter Mix aus echtem Schlagzeug, Percussion, Teilen von E-Drums (z.B. die Bass-Drum) sowie Drumpads, die er vor allem für Percussions und elektronische Sounds benutzt. Der Gitarrist benutzt den ganzen Abend eine simple Telecaster, der er vor allem in Verbindung mit seinen zahlreichen Bodeneffekten überaus spannende Töne zu entlocken weiß. Sein spielerisches Können stellt er durch das eine oder andere Solo dar, in seiner Art stets dem Funk entlehnt. Hills Keyboarder benutzt mehrere Synthesizer, mit denen er die elektronischen Songs vollkommen live zum Leben erweckt. Dabei sieht man ihn nicht selten mit einer Hand am Bass-Moog, mit der anderen im 90-Grad-Winkel am MIDI-Keyboard (z.B. für Klaviersound) oder Dave Smith. Beide Musiker profilieren sich außerdem als Background-Sänger.
Das Ampere ist mittlerweile gut gefüllt, die Besucher nehmen die Musik tanzend, träumend und vor allem dankbar entgegen. So erinnert der Saal mehr an die Tanzfläche eines Nachtclubs als an das Konzert einer Live-Band. Hill ist sehr vertieft in seine Musik und geht mit Ansagen eher sparsam um. Weil ihn die Stimmung aus dem Publikum aber dennoch so mitreißt, kann er nicht umhin: „Berlin!! Wie geht’s euch?!“, ruft Hill an einer Stelle des Abends, neigt danach lächelnd den Kopf und deutet auf die Feiernden. Er ehrt damit die Münchner ganz besonders, denen man nämlich ehrlicherweise so ein ausgelassenes Feiern und solchen Zuspruch für den Underground-Künstler gar nicht zutrauen würde.
Nach dem Song „Words Become Useless“ sagt der Wahl-Berliner jedoch unerwartet an, dass das bereits der letzte Song gewesen sei und nun noch die Zugabe folge. Verdutztes Staunen aus dem Publikum. Schuld daran ist natürlich nicht der Unwille des Musikers, wie wir später erfahren, sondern eine weitere Belegung der Halle für eine Party zu noch späterer Stunde. Doch bei seiner steilen Karriere wird sich Lui Hill mit solchen Problemen wohl hoffentlich nicht mehr lange herumschlagen müssen. Auch jetzt nimmt man es ihm nicht übel, der Abend ist gelungen und die Stunde noch nicht zu spät für ein gemütliches Bier. Oder vielleicht doch eher einen Schluck Pfeffi…?
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Bereits im Vorfeld hat sich unser Redakteur Dennis mit Lui Hill zum Interview getroffen! Das findet ihr HIER!
Bericht: Thomas Steinbrunner
Fotos: Catarina Silva Ruther und Thomas Steinbrunner