Ausgehen – AnnenMayKantereit in der Olympiahalle (Bericht)

Veröffentlicht in: Indie/Alternative, Konzerte | 0

Es ist ein beachtlicher Kurs, den die drei Herren aus Köln in den vergangenen rund zehn Jahren zurückgelegt haben: AnnenMayKantereit. Angefangen als Straßenmusiker, dann lange Zeit als Quartett mit Bassist Malte Huck, in der Formation auch der Durchbruch kam mit dem Album „Alles Nix Konkretes“. Seitdem ging es immer weiter steil bergauf und der Truppe rund um Frontmann Henning May ist es tatsächlich gelungen, unlängst eine der erfolgreichsten Bands des Landes geworden zu sein. Beweisen können sie das auch an den krankheitsbedingt aus dem April verschobenen zwei München-Konzerten, am 10./11. August 2023 in der Olympiahalle – beide Male ausverkauft.

Zu Beginn dürfen erst einmal Cari Cari um 20 Uhr die Menge bespielen. Das Trio aus Wien hat sich einer Mischung aus Indie, Soft-Rock und reichlich Didgeridoo verschrieben. Was auf dem Papier interessant und spannend klingt, stellt sich live aber doch als reichlich zäh und belanglos heraus. So richtig zünden mag die Musik einfach nicht, die Menge bewegt sich kaum und die 30 Minuten vergehen nur langsam. Wieso die Kölner, welche in der Vergangenheit immer ein besonders gutes Händchen für Vorbands bewiesen haben, sich nun so entschieden haben, bleibt ein Rätsel.

Unverblümt und ohne langes Intro geht es allerdings um 21 Uhr weiter, als urplötzlich sich der Vorhang öffnet und AnnenMayKantereit ihren Hit „Marie“ anspielen. Die Freude über das endlich stattfindende Konzert ist Band und Publikum deutlich anzumerken, wenngleich es noch ein paar Lieder dauern sollte, bis sich alle so richtig aufeinander eingegroovt haben. Allerspätestens beim Klassiker „Pocahontas“ grölen die rund 12.000 Fans aber gemeinsam und euphorisch die bestens bekannten Songtexte. Dabei ist es durchaus beachtlich, wie die Band von der Straßenmusik zu dieser irren Größenordnung gewachsen ist, genauso wie ihre Performances vom zurückhaltenden, wenngleich spielerisch immer tighten Spiel zu richtig Arena-würdigem Niveau angewachsen sind. Klar, hier gibt es weder eine Feuershow noch die ganz großen Effekte, aber musikalisch ist alles geboten, was möglich ist.

© Martin Lamberty

Dazu gesellt sich ein cleverer Spannungsbogen, denn während man noch recht klassisch als Trio gemeinsam mit Bassistin Sophie Chassée die erste Rutsche bestreitet, folgen zwei Lieder des neuen Albums an einem Tisch, im Kreis positioniert, mit Drum-Computer und Weißwein. Nach und nach werden es im Laufe des Abends mehr Musiker: erst vier Brass-Musiker*innen, anschließend vier Streicher*innen und schlussendlich alle zwölf gemeinsam auf der Bühne. Gerade bei Liedern wie „Oft gefragt“ und „21, 22, 23“, die man doch schon so gut zu kennen glaubte, erschaffen AMK eine wahre Soundwucht, die man nicht so erwartet hätte. Zu erwarten dagegen war die erste Zugabe: „Barfuß am Klavier“, dazu Henning May allein und gelassen am Keyboard, in der Mitte der Bühne positioniert. Das hat Wirkung, das funktioniert und weiß bestens zu gefallen. Am Ende bleiben dennoch zwei Mankos: der doch relativ schlecht abgemischte Klang, welcher gerne mal für etwas zu viel Soundbrei gesorgt hat, und die magere Spielzeit von 95 Minuten. Selbst vor einigen Jahren in den kleinen Hallen standen mehr Lieder auf dem Programm, bei einer ausverkauften Olympiahalle darf man durchaus ein wenig mehr erwarten. Dennoch: eine runde Angelegenheit.

Setlist: Marie / Nur wegen dir / Wohin du gehst / Lass es kreisen / Pocahontas / Es ist Abend / Du tust mir nie mehr weh / Du bist anders / Vielleicht Vielleicht / Gegenwart / Oft gefragt / Ozean / Als ich ein Kind war / Jenny Jenny / 21, 22, 23 / 3 Tage am Meer / Ich geh heut nicht mehr tanzenZugaben: Barfuß am Klavier / Tommi / Ausgehen

Bericht: Ludwig Stadler

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert