Von Kontinuität ist die Biografie von Mike + The Mechanics wahrlich nicht geprägt. Mike Rutherford, damals Gitarrist bei Genesis auf dem Gipfel des Erfolgs, wollte Mitte der 80er-Jahre seine Version des zeitlosen Poprocks beitragen und formierte erfolgreiche Musiker um sich. Die Urbesetzung um Sänger Paul Carrack und dem verstorbenen Paul Young fand allerdings nach knapp 20 Jahren doch ihr Ende – nicht aber die Karriere der Mechanics! Mit Andrew Roachford und Tim Howar als neue Gesangsfront und neuen Mitmusikern an Keyboard und Gitarre wagte man 2010 den Neustart – vor allem auf der Bühne äußerst erfolgreich! Nun erschien das neueste Werk „Out Of The Blue“, eine Werkschau mit neuen Versionen alter Lieder. Die Tour dazu führt die Supergroup auch wieder nach München, am 17. April 2019 in die Muffathalle.
Das Setting der Band steht bereits beim Betreten der Halle, das Publikum im gehobenen mittleren Alter trifft in gemütlicher Geschwindigkeit ein. Eine Vorband gibt es nicht, um kurz nach 20 Uhr betreten Mike + The Mechanics die Bühne und starten alsbald mit „The Best Is Yet To Come“. Fast noch etwas zu pianolastig mutet der Sound zu Beginn an, doch noch während der Eröffnung wird das korrigiert und über das gesamte Konzert hinweg bleibt der Klang ausgewogen und glasklar – die Muffathalle bietet im Voraus schon eine gute Akustik, die hier sichtlich genutzt wird. Insbesondere der Gitarrensound von Rutherford oder Anthony Drennan, dem zweiten Mann an den Saiteninstrumenten, kommt pointiert und ausgeglichen aus den Boxen.
Ob die Mechanics ohne Carrack und Young überhaupt funktionieren? Diese Frage treibt die Fans seit der Reunion 2010 umher. In den letzten neun Jahren konnte die seitdem konstante Besetzung allerdings deutlich beweisen, dass ihre Fähigkeiten als Live-Band sich keinesfalls vor der Gründungsformation verstecken muss – die voluminöse und hohe Stimme von Tim Howar und die rauchig-souligen Einschläge in den Vocals von Andrew Roachford ergänzen sich bestens. Auch in der Bühnenperformance: Howar fetzt und tanzt über die Bühne wie von der Tarantel gestochen, während Roachford die meiste Zeit am Piano seine Lieder passioniert darbietet – aber auch bei den wenigen Momenten, in denen er alleine am Mikro steht, kann er in puncto Bühnenpräsenz vollends überzeugen und trägt so den größten Hit seines Projekts Roachford vor, „Cuddle Toy“.
Allgemein gestaltet sich die Setlist ungemein ausgewogen. Dadurch, dass man fast die gesamte neue Veröffentlichung „Out Of The Blue“ spielt, befinden sich alle Hits einer Best-Of-Tour automatisch im Programm. Auch auf einige Genesis-Klassiker will Rutherford nicht verzichten – zuzüglich mit „Land Of Confusion“ und „I Can’t Dance“ auch noch zwei der größten Evergreens, die Howar so stark singt, wie es wohl Phil Collins selbst inzwischen nicht mehr schaffen würde. Das Publikum ist gut aufgeteilt, klatscht fleißig mit, singt lautstark den Refrain bei „Over My Shoulder“ und tanzt selbst bei den rockigeren Nummern. Nach rund 105 Minuten verabschieden sich die Musiker mit „Word Of Mouth“ als Zugabe – und Rutherford als erster Genesis-Musiker, der München 2019 besucht hat. Steve Hackett und Phil Collins folgen.
Setlist: The Best Is Yet To Come / Another Cup Of Coffee / Beggar On A Beach Of Gold / Try To Save Me / Let Me Fly / Land Of Confusion (Genesis cover) / Cuddly Toy (Roachford cover) / Out Of The Blue / Follow You Follow Me (Genesis cover) / What Would You Do / Everbody Gets A Second Chance / Silent Running / Get Up / The Living Years / I Can’t Dance (Genesis cover) / All I Need Is A Miracle / Over My Shoulder – Zugabe: Word Of Mouth
Bericht: Ludwig Stadler