Serimosa – Watain & Abbath im Backstage (Bericht)

Veröffentlicht in: Konzerte, Metal/Rock | 0

Mit der Chariots of Fire Tour kommen dieses Jahr gleich vier Größen der Metal Extreme nach München, einer von nur vier Stopps in Deutschland. Nach ihrer ausverkauften Show zusammen mit Profanatica und Rotting Christ 2018 sind Watain am 17. September 2022 pünktlich zum Wiesn-Anstich zurück im Backstage Werk München mit mindestens ebenbürtigem Line Up bestehend aus Bölzer, Tribulation und Abbath.

Das Konzert beginnt kurzfristig vorverlegt bereits ca. eine halbe Stunde früher gegen 18:40 Uhr mit dem Schweizer Duo Bölzer. Trotz des ungewöhnlich frühen Startschusses ist das Backstage Werk bereits gut gefüllt, immerhin geht es hier um eine Band, die sich in der Black und Death Metal Szene über die letzten Jahre einen ordentlichen Namen machen konnte. Auch mit begrenzten instrumentalen Möglichkeiten schaffen die Züricher ein mächtiges Klangbild, das über eine halbe Stunde bis in den letzten Winkel der Halle vordringt.

Anschließend, nach kurzer Umbaupause, ist es Zeit für Tribulation, das „weiße Schaf“ der Tour. Bereits zuvor merkt man einen klaren Publikumsstrom in Richtung Bar, denn das Interesse am kommerzielleren Konzept der Band, die zuletzt mit Pop-Rock Größe Ghost in München war, ist an diesem Black Metal-lastigen Abend eher weniger vorhanden. Grundsätzlich versuchen sich die Schweden an einem gefährlichen Spagat zwischen kommerziellem Erfolg und ihren Wurzeln im Extreme Metal, der zuvor nur wenigen Bands gelungen ist. Der Auftritt spiegelt auch genau dieses sich durch ihre Karriere ziehende Problem wider: Die filigranen Gitarrenmelodien ihrer ruhigeren Songs ersticken unter unnötiger Zerre und den monotonen Death Metal Vocals, während hinter den „harten“ Passagen ihres Sets einfach nicht genug Druck ist. Was bleibt ist ein grundlegend solider Auftritt, der aber am Ende nichts Halbes und nichts Ganzes ist, obwohl das Potential definitiv vorhanden ist.

Setlist: In Remembrance / Leviathans / Nightbound / Melancholia / Hamartia / Funeral Pyre / Strange Gateways Beckon

Der erste Co-Headliner des Abends zieht das Publikum dann schnell wieder vor die Bühne: Abbath. Natürlich gibt es immer noch viele, die Abbaths Solo Projekt als Immortal-Trostpflaster kategorisieren, oder einfach das ulkige Wesen seiner Erscheinung erleben wollen, aber am Ende steht hier eine oftmals unterschätzte Black Metal-Abrisskugel auf der Bühne. Ob Solowerke oder im späteren Verlauf der Setlist folgende Immortal-Songs, es fällt schwer den Kopf still zu halten. Mit seinem berühmten Corpsepaint und seiner „Rüstung“ ist der erfahrene Frontmann genau in seinem Element und gibt jedem der Anwesenden genau das, wofür er gekommen ist, ohne dabei Abstriche zu machen. Sichtbar gut gelaunt liefert er neben den üblichen Gimmicks auf der Bühne eben auch musikalisch eine absolut respektable Leistung ab. Alles in Allem ein ernstzunehmender Musiker, der sich selbst in einem solch ernsten Genre selbst nicht zu ernst nimmt, eine gern gesehene Abwechslung.

Setlist: Winterbane / The Artifex / Hecate / Dread Reaver / Acid Haze / Dream Cull / Bridge Of Spasms / Ashes Of The Damned / Warriors (I song) / In My Kingdom Cold (Immortal song) / Beyond The North Waves (Immortal song) / Withstand The Fall Of Time (Immortal song)

Watain 2018 im Backstage

Todernst meinen es dagegen Watain, die, bevor es losgehen kann, erst einmal die Kerzen und Fackeln an ihrem imposanten Bühnenbild in Brand stecken müssen. Mit dem Opener ihres neuen Albums The Ecstasies in Night Infinite eröffnen sie ebenfalls ihren Auftritt und die erste Fackel fliegt bereits ins Publikum. Das Bühnenbild aus Knochen, Blut und Feuer könnte nicht besser zu dem energiegeladenen Auftritt der Schweden passen, in Kombination mit dem (bewusst erzeugten) ranzigen Geruch von der Bühne wirkt es etwas wie ein kurzer Blick in den Vorhof der Hölle.  Sänger Danielsson wirkt zu manchen Passagen des Sets fast etwas zu energiegeladen, das gesamte Set, inklusive gleich fünf neuer Songs, ist aber auch das musikalische Äquivalent zur Apokalypse. Elf Songs später wird das Set wie schon zu Beginn als Ritual beendet, die Theatralik darf nicht fehlen. Einmal mehr beweisen Watain, dass sie längst auf einer Ebene mit den Altmeistern wie Mayhem, Emperor und Darkthrone angekommen sind.

Setlist: Ecstasies In Night Infinite / Black Salvation / The Howling / I Am The Earth / Reaping Death / Devil’s Blood / Serimose / Not Sun Nor Man Nor God / Before The Cataclysm / Angelrape / Malfeitor

Dass diese Tour ein Anwärter auf die Black Metal Tour des Jahres sein würde, war von Anfang an klar, und auch genau diese Erwartung wurde im vollen Ausmaß erfüllt.

Bericht: Luka Schwarzlose