Comatose – Skillet & Eva Under Fire in der TonHalle (Bericht)

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Das, was die Boomer-Generation mit 70s- und 80s-Musik verbindet, verbinden die Endzwanziger bis Mittdreißiger mit Pop Punk, NuMetal oder Alternative Rock. „Comatose“ und „Awake“ sind hierbei sicherlich zwei Alben, die in unzähligen Jugendzimmern auf und ab gelaufen sind. Kaum zu verübeln, denn Skillet sind auch heute nicht an der absoluten Spitze, was den amerikanischen Rock angeht. Dementsprechend wandert zwar zu großen Teilen ein Publikum im erwartbaren Alterssegment zu der Show in die TonHalle München am 2. Mai 2023, aber auch jüngere Gitarren-Fans verirren sich dorthin. Attraktiv natürlich auch das Gesamtpaket: Like A Storm aus Neuseeland und die Newcomer-Durchstarter von Eva Under Fire runden Abend ab.

© Jeremy Saffer

So ist es wenig verwunderlich, dass bereits zum Startschuss von Eva Under Fire um 19 Uhr die Halle beachtlich gefüllt ist, trotz des frühen Beginns und trotz eines Dienstags. Aber wem mag man das auch verübeln, denn die Musiker und ganz besonders Frontfrau Eva Marie haben vergangenes Jahr reichlich von sich reden gemacht. Besonders ihre Single „Blow“ schlug mächtig ein – doch bevor es zu dieser abschließenden Nummer kommt, folgen fünf weitere Songs, die es sich definitiv zu anhören lohnt. Das beginnt schon mit dem fetzigen Opener „Comatose“, der die Zeichen gleich ordentlich in Richtung Rifflastigkeit deuten lässt und die Stimme von Eva ab Sekunde 1 ordentlich arbeiten lässt – und wie! Ohne viel Unterstützung im Background-Gesang oder gar mit Hilfe vom Band, füllt sie mit absoluter Treffsicherheit und stimmstarkem Ausdruck das instrumental sowieso bereits mitreißende Soundgewand und lässt so wirklich beachtliche Hymnen entstehen. Auf so viel Energie ist man noch gar nicht vorbereitet, doch die Münchner sind spätestens beim Journey-Cover „Separate Ways“ völlig auf der Seite der Amerikaner. Schade, dass nach rund 25 Minuten bereits der ganze Spaß vorbei ist – doch eine Rückkehr wird bereits versprochen. Wir freuen uns!

Setlist: Comatose / Heroin(e) / Separate Ways (Journey cover) / Coming For Blood / Unstoppable / Blow

Kein leichtes Spiel für Like A Storm, die hier nun anknüpfen müssen. Als gleich zu Beginn erstmal genüsslich das Didgeridoo geblasen wird, scheint klar: aus Erwartungen machen sich die Neuseeländer reichlich wenig, hier spielt ein ganz eigener Stil. Leider bleibt dieser kurze kulturelle Ausflug in die Musikkultur des Landes aber eine Seltenheit, allen voran wird sich auf recht standardisierte Rocksongs präsentiert, die zwar reichlich Ohrwurm-Potenzial, dafür wenig Eigenständigkeit mitbringen. Das ist sicher nicht verkehrt, was da auf der Bühne geschieht, aber musikalisch so unspektakulär und fad, dass man nach „Love The Way You Hate Me“ und dem 35-minütigen Gastspiel auch froh ist, wenn’s vorbei ist. Sicherlich nette Musik für den Hintergrund, aber leider nichts für den vollen Fokus.

Setlist: Chemical Infatuation / Just Save Me / Become The Enemy / Pull Me From The Edge / The Devil Inside / TNT / Love The Way You Hate Me

Ein anderes Tempo und Songwriting legen dagegen Skillet um etwa 20:40 Uhr bereits ab der ersten Sekunde hin: „Feel Invincible“. Der zuvor solide, aber zurückhaltende Sound fährt auf die Vollen, die Gitarren knallen aus den Boxen und die Drums preschen nach vorne. Schon 2019, wie wir berichteten, wollten die Amerikaner es wissen und brachten die TonHalle wahrlich zum Beben – und auch vier Jahre später ändert sich an dieser Mission nichts. Umso eindrucksvoller ist es eher, dass sich die mal vier, mal fünf Musiker*innen nicht aufhalten lassen und in einer beachtlichen Geschwindigkeit durch ihr Set rasen. Zwischendrin bleibt dennoch Zeit für eine Ansage – und die fällt standardisiert, aber sympathisch und ehrlich aus, nämlich voller Freude und Euphorie, auf der Bühne zu stehen. Vor „Hero“ rutscht Sänger John Cooper dann auch noch eine Danksagung an seinen Helden raus: Jesus Christus. Ohne diese Aussage hätte man glatt vergessen können, dass sie immer noch Symbolbild des Christenrocks sind. Aber ob sie in Songs wie „Hero“ oder „Anchor“ nun Gott besingen oder das Publikum sich andere Personen in den allgemein gehaltenen Songs vorstellt, ist egal – Skillet missionieren nicht, sie erzählen nur.

Eher bieten sie den Münchner*innen eine nostalgische Reise durch die vergangenen 20 Jahre an, denn obwohl sie eigentlich mit dem neuesten Album „Dominion: Day Of Destiny“ unterwegs sind, finden sich hiervon nur zwei Lieder in der Setlist, der Rest verteilt sich munter auf all die dazwischenliegenden Alben. Und ganz ehrlich: da sind wahre Perlen dabei, von denen man nie genug bekommen kann: „Not Gonna Die“, „Whispers In The Dark“, „Awake And Alive“, „Comatose“ – die Liste ist endlos. Cooper und seine Mitmusiker*innen sehen das wohl ähnlich, denn trotz annähernd täglicher Konzertauftritte legen sie eine Energie und Performance an den Tag, die wahrlich spüren lässt, wie viel Gefallen sie an ihrer Musik auch selbst haben. Die Freude sprudelt über, und so ist es fast schon traurig, als sie nach „Rebirthing“ und der Zugabe „The Resistance“ um kurz nach 22 Uhr schon von dannen ziehen.

Setlist: Feel Invincible / Rise / Surviving The Game / Legendary / Awake And Alive / Back From The Dead / Hero / Not Gonna Die / Whispers In The Dark / Psycho In My Head / Anchor / Comatose / Undefeated / Monster / RebirthingZugabe: The Resistance

Bericht: Ludwig Stadler

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