Siberian Sorrow – Grima im Backstage (Bericht)

Veröffentlicht in: Konzerte, Metal/Rock | 0

Nach langer Ungewissheit bezüglich der Anreise und dem Visa-Status von Grima und Ultar, ist es am 2. Mai 2024 endlich so weit. Aufgrund der erschwerten Einreisebedingungen für russische und weißrussische Staatsbürger musste die Tour von Grima und Ultar bereits die ersten angesetzten Shows der Tour absagen, ihre Show in der Backstage Halle München war davon glücklicherweise nicht betroffen.

Pünktlich zum Einlass um 19:00 Uhr hat sich bereits eine beachtliche Schlange vor dem Seiteneingang der Halle geformt. Bereits um 19:30 Uhr sollten Antrisch starten, allerdings kommt es, sehr zur Freude der noch anstehenden Fans, zu Verzögerungen. In der Halle angekommen, wird man begrüßt von Nebel und Sonar, thematisch geht es tief ins Eis. Optisch erinnern Antrisch etwas an Bands wie 1914 und Kanonenfieber, auch, wenn ihre Kleidung dem Gimmick entsprechend nichts mit Krieg, sondern mit verlorenen Expeditionen des 19. Jahrhunderts zu tun hat. Wo die Band mit stimmigem, spannendem Konzept und der dazugehörigen Optik glänzt, hapert es leider an der musikalischen Umsetzung. Während die Gesangspassagen durchaus gut und authentisch funktionieren, gibt es ausgerechnet bei den gesprochenen Zwischenfrequenzen immer wieder Störgeräusche. Die Präzision hinter den Kesseln lässt ebenfalls sehr zu wünschen übrig, nur noch getoppt von einem der Gitarristen, der wohl wirklich einen rabenschwarzen Tag erwischt hat. Nachdem das Projekt noch jung und auf Platte sehr gut umgesetzt ist, bleibt die Hoffnung für die Zukunft intakt, heute hat es trotz toller Lichtshow und einer bereits ab Beginn gut gefüllten Halle nicht gereicht.

Weiter geht es mit Non Est Deus. Ebenfalls das erste Mal richtig auf Tour sieht die Bühne hier für anti-christlichen Black Metal erstaunlich… christlich aus. Mit Efeu geschmückten Kreuzen an den Mikrofonständern und einem großen Kreuz neben dem Schlagzeug passt das Bühnenbild zu den weißen Roben und weißen… Skimasken hervorragend. Mit starker Bühnenpräsenz navigiert kein Unbekannter seine Band wie ein Prediger durch 40 Minuten Sakrileg. Hinter der Band steht niemand geringeres als Noise, der Kopf von u.a. den deutschen Black Metal Durchstartern Kanonenfieber. Während sein mittlerweile Hauptprojekt die Szene etwas spaltet, ist die Stimmung bei Non Est Deus hervorragend. Mit großer Gestik und einer musikalisch astreinen Performance bleiben hier wenig Wünsche offen. Eine doch sehr stark überrepräsentierte Thematik wie diese originell darzubieten, ohne dabei zu sehr in Richtungen wie Ghost oder den üblichen Einheitsbrei über Satan abzudriften, erfordert eine gute Balance. Gleichzeitig nimmt sich die Band nicht zu ernst, aber ernst genug, um im Genre bestand zu haben. Der einzige Kritikpunkt aus dem Publikum bleibt, dass ihr Logo zu lesbar sei, definitiv ein guter Live-Einstand.

Mit Ultar geht es danach deutlich gesitteter zu: Im Gegensatz zum eher rohen Sound von Non Est Deus ist bei Ultar alles zur Perfektion ausgemischt. Der gesamte Auftritt der Band ist komplett durchchoreografiert, keine Bewegung, keine Bügelfalte, kein Strich im Makeup wird dem Zufall überlassen. Eine angenehme Abwechslung und ein mehr als passender Übergang von wild zu atmosphärisch im Line-Up. Auch hier gibt es kaum offene Wünsche, mit gut gewählter Setlist und entsprechender Show gibt es ohne Ansagen Schlag auf Schlag puren Black Metal. Aalglatt, fast schon zu glatt für das Genre, präsentieren Ultar sich von ihrer besten Seite und machen definitiv Lust auf mehr.

Wer sich zum Outro von Ultar noch gefragt hat, warum die Band ihre Instrumente akribisch stimmt, dürfte spätestens zum Beginn von Grima einen der berühmten „Aha!“-Momente haben. Die Zwillingsbrüder Sysoev bringen in Zwillingsmanier gleich zwei ihrer Bandprojekte gemeinsam auf Tour. Musikalisch geht es bei Grima allerdings nochmals um einiges atmosphärischer zu. Mit ihren Holzmasken und allerlei Gestrüpp präsentiert die Band gleich das vierte erfolgreiche Gimmick des Abends, eine lupenreine Statistik. Anfänglich hat die Band, nicht unüblich bei eher atmosphärischen Projekten, noch etwas mit dem Sound zu kämpfen. Die eingespielten Keyboards sind im Mix deutlich überrepräsentiert, während die Abstinenz eines Bassisten im tiefen Bereich spürbar ist. Richtung Mitte des Sets bewaffnet sich Grimas „Frontbaum“ für die etwas schnelleren Werke ebenfalls mit einer Gitarre und der Sound ist auf einen Schlag deutlich breiter und definierter. Die enorme Doppelbelastung ist der Band in keinem Moment anzumerken und das bis hin zum letzten Ton ihres über eine Stunde langen Sets quer durch ihre Diskografie. Eigentlich keine Frage, dass die Band nach den großen Erfolgen in Europa in den nächsten Jahren wahrscheinlich nicht mehr nur auf den kleineren Bühnen der Republik zu sehen sein wird, und das vollkommen verdient.

Bericht: Luka Schwarzlose

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert