Ein Orchesterabend bei Kerzenlicht: das schreit nach einem romantischen Date und Zweisamkeit, nach einem stuckgeschmückten Saal und eleganter Abendrobe. Die größten Rock- und Metal-Hits, klingt hingegen nach einem Konzertabend, bei dem das Publikum einen fröhlichen Moshpit anstimmt. Wie kombiniert man beides? Diese Herausforderung stellt sich das Rock Orchestra am 1. Juni 2023 im Backstage Werk München, danach geht die Deutschland-Tour weiter. Doch wer ist dieses Rock Orchestra? Diese Frage bleibt den ganzen Abend über unbeantwortet, denn die Musiker werden zum Schluss zwar mit Namen vorgestellt, sie stehen aber nicht im Vordergrund des Abends, sondern das Programm. Dieses setzt sich zusammen aus Rock- und Metalstücken von Interpreten wie AC/DC, Led Zeppelin oder Evanescence.
Das Konzept ist soweit stimmig. Musik, die in ihrer Stimmung zwischen mystisch und dramatisch liegt, wird genau so auf der Bühne präsentiert. Auf dieser Konzert-Tour spielt die Inszenierung eine zentrale Rolle! Die ganze Bühne ist gefüllt mit elektrischen Kerzen, die Musiker*innen tragen aufwändige Gothic-Kleidung und Masken, die vom mexikanischen Festival of the Dead inspiriert sind. Das Publikum im Backstage an diesem Donnerstag setzt sich aus den Fans ebendieser Musikrichtungen zusammen. Viele können die Songs mitsingen, wenn gleich das Orchester häufig nur die Melodie spielt. Zwar sind zwei Sänger*innen Teil des Ensembles, doch diese unterstützen nur vereinzelt mit Vocals. Eine sinnvolle Entscheidung, soll es doch nicht um Coverversionen, sondern eine Aufführung einer ganz neuen Art gehen. Nachdem allerdings das Publikum so leidenschaftlich mitsingt, wären womöglich Übertitelung mit den Texten ein zusätzliches Add-On gewesen, das die Intensität des Abends noch gesteigert hätte.
Das, was diesen Abend trägt, ist die Zeitlosigkeit der Songs, die aufgeführt werden. Hits, die ihre Interpreten überdauern, so dass die Menschen auch zu einem Konzertabend kommen, an dem die Band selbst gar nicht auftritt. Mit diesen Songs haben sich die jeweiligen Bands von ihren eigenen Karriere unabhängig verewigt. Der Showeffekt hat seine Wirkung: Schon zu Beginn der Show, als die Lautsprecher dramatisch das Festival of the Dead Rock Orchestra ankündigen, werden die Handys gezückt und die aufwändige Lichtshow auf der Bühne wird abgefilmt. Auch bei Höhepunkten wie dem Song Zombie (The Cranberries) oder der Zugabe Enter Sandman von Metallica ist das Publikum hin und weg! Dies ist allerdings vornehmlich der Wirkung der bekannten Hits zu zu sprechen und nur sekundär der soliden musikalischen Leistung des Orchesters. Diesem merkt man an, dass alle Musiker zwar vorbildlich ihren Part spielen, das Ensemble als solches aber keine starke innere Dynamik entwickelt oder sich gegenseitig pusht. An komplizierteren Stellen rutschen sogar mal ungeplante, dissonante Klänge rein.
Fazit: Der Preis von rund 45€, um einige der Lieblingssongs einmal von Streichern in einer besonderen Show zu sehen, dazu mit einem aufwändigen Bühnenbild, ist ein absolut fairer Deal! Gegen ein Konzert der Originalband oder einen richtigen Orchesterabend kommt das Rock Orchestra zwar nicht an, jedoch es lohnt sich, diesem Konzept eine Chance zu geben.
Bericht: Jana Taendler
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