Dass Metalcore boomt, dürfte keine Neuigkeit sein, denn Bands wie Parkway Drive, Electric Callboy oder Bring Me The Horizon sind unlängst zu den größten musikalischen Vertretern der Zunft und Garanten für ausverkaufte Arenen aufgestiegen. Doch auch der Nachwuchs geht im Core-Bereich nicht aus und zeigt sich immer wieder in überraschenden, spannenden Facetten. Auf der Tour der italienischen Band Prospective, die seit 2013 bereits im Genre verankert sind, gesellen sich gleich zwei deutsche Core-Hoffnungen ins Line-Up: XO Armor und IMPVLSE, der Opener Pathwalker musste krankheitsbedingt absagen.. Am 22. Mai 2025 im Backstage Club beweisen alle drei Bands, dass man nicht dreistellige Summen ausgeben muss, um einen grandiosen Konzertabend zu erleben.
Den Startschuss um 20 Uhr geben XO Armor aus Koblenz. Sie haben sich dem Trapmetal verschrieben, so die Selbstbeschreibung – und das geht ordentlich nach vorne. Schon zu Beginn ist klar: die Mischung passt. Sehr beatgetriebenes Songwriting mündet in Djent-Riffs, Hip-Hop und Shouts von Frontmann Chris Hendges (als Blickfang mit kurzer Hose, Hemd und Krawatte) und mittendrin gesellt sich immer mal wieder ein Clean-Refrain. Das macht Spaß, auch wenn die Münchner*innen noch etwas müde und schwer zu motivieren scheinen. Gegen Ende des Sets starten die Pits aber doch noch und geben dem Opener das, was er verdient: Bewegung und Applaus. Nur der Sound hätte etwas definierter und klarer sein dürfen.

Schon beim Umbau kann man gespannt beobachten, was alles auf die Bühne gebracht wird: Licht-Elemente, Nebel, Moving Heads und gleich drei beleuchtete Bühnenelemente. Es dürfte die größte Produktion sein, die der Backstage Club bisher auf der kleinen Fläche hatte. IMPVLSE fackeln nicht lange, ihre München-Premiere hat überraschend lang auf sich warten lassen, sogar zu Rock im Park und internationalen Tourneen haben sie es eher geschafft. Nun präsentieren die Nürnberger in ihren rund 40 Minuten vor allem ihre neueren Werke – und wie! Musikalisch irgendwo zwischen Architects und Bring Me The Horizon, gemischt mit der richtigen Portion Eigenständigkeit, entsteht ein betörender Sound, der fesselt und nicht loslässt. Frontmann Chris Marsch schreit und singt sich gekonnt durch schwierige Passagen und sorgt mit Mimik und Bewegung für ordentlich Bühnenausstrahlung. Manchmal stehen sich die fünf Musiker auf der recht kleinen Bühne mit all den Elementen zwar im Weg herum, aber schlussendlich gehen ihre Pläne bestens auf und sie feiern einen zurecht stark umjubelten München-Einstand. Dass diese Band in den kommenden Jahren noch weit kommen wird, ist offensichtlich.
Setlist: snake eyes / what do you want / omen / JUNTOS / silence / bloom / coma / deadline / saint / crown / sacrilege / collateral
Prospective sind bereits seit zwölf Jahren auf der Bühne und haben ihren Stil aus knüppelharten Core-Momenten und starken Clean-Refrains längst gefunden. Besonders macht sie, dass sie beide Elemente für sich einzeln sehr ernst nehmen und beide in ihren Extremen ausarbeiten: Die Breakdowns sind besonders hart, die Refrains dagegen außergewöhnlich ohrwurmlastig. Besonders fällt die runde Live-Performance auf, das Quartett überzeugt die Münchner*innen ab der ersten Minute und reißt den sehr gut gefüllten Club mit. Luca Zini, Gitarrist und vor allem Clean-Sänger der Band, sorgt gleich beim Refrain von „Ethereal“ für Staunen: So klare, tonsichere und astreine Live-Vocals im Core-Bereich hört man selten auf der Bühne! Das reiht sich gut ein mit Shouter Flavio Cacciari, der die volle Bandbreite des gutturalen Gesangs auspackt und in seiner Disziplin in nichts nachsteht. Da rasen die 12 Songs so schnell dahin, dass man sich kurz kneifen muss, als die letzten beiden Songs angekündigt werden. Nach rund 45 Minuten gibt es noch ein Foto und das Publikum strömt zufrieden nach Hause. Was für ein starkes Konzert!
Setlist: Ethereal / Still Searching / Alone / OCD / Closer / Everything I Wanted / Broken / Who I Am / Cold / Over You / Hiding The Truth / Haunt Me
Bericht: Ludwig Stadler
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