Es ist das Ende einer Ära, die Rock-Legenden mit dem wohl berühmtesten Make-Up der Musikgeschichte, schreiben ihr letztes Kapitel. Die Rede ist natürlich von KISS, die diesen Sommer ihre wohl letzte Tour antreten. Auch in München macht die „End of the Road“-Tour Halt, am 31. Mai 2019 auf dem legendären Königsplatz. Aber wird die selbstbetitelt „heißeste Band der Welt“ auch nach so vielen Jahren noch ihrem Ruf gerecht?
Viele hatten im Vorfeld befürchtet, dass das Wetter auch bei einem KISS-Abschiedskonzert nicht standhalten würde, gerade nachdem dieses Jahr der Mai der neue April zu sein scheint. Doch glücklicherweise scheint die Sonne ebenfalls KISS-Fan zu sein und zeigt sich den gesamten Abend über ohne einen Tropfen Regen. Nach den üblichen Königsplatz-typischen Einlass-Schwierigkeiten legt der Rock Antenne-Chefrocker Thomas ‚Metal‘ Moser erst einmal zum Auflockern auf und hat sich dabei ein nettes Thema herausgesucht, nämlich spielt er Bands, die in der Geschichte von KISS bereits für die Band eröffnet haben. Klingt zunächst relativ unspektakulär, bis einem bewusst wird, dass auch Größen wie Iron Maiden, Rammstein, Bon Jovi und sogar Die Ärzte bereits im Vorprogramm der Kult-Rocker auf der Bühne standen.
Im Anschluss sollte eigentlich der Rock’n’Roll Action Maler David Garibaldi sein können zeigen, allerdings war dieser wohl terminlich verhindert. Spontan seinen Platz eingenommen haben The New Roses, die sowieso besser ins Programm passen. Die Hessen legen einen grundsoliden 80er Jahre-Rock auf die Bühne und zeigen, dass zumindest musikalisch in Deutschland durchaus Hoffnung für die Zukunft besteht. Die ein oder andere Melodie kommt einem verdächtig bekannt vor, aber klar kann man nach all den Jahren des Rocks das Rad nicht mehr neu erfinden, wichtig ist: es kommt gut an und macht Laune. Nächstes Mal sollte man allerdings von den deutlich übertriebenen Rockstar-Allüren absehen, sowas wie ein mittelmäßiges Stand-Alone-Gitarrensolo inklusive Anfeuerungsforderung kann man bringen, wenn man eben schon 20 Jahre große Bühnen hinter sich hat, hier wirkt es doch etwas fehl am Platz, gerade wo die Unsicherheit vor über 16.000 Menschen deutlich spürbar war. Dennoch sollte man diese Band im Auge behalten, denn musikalisch sind sie gesegnet mit einem unglaublich starken Sänger und wahnsinnigem Potential.
Nun wird der Vorhang hochgezogen, der in vielerlei Hinsicht sinnbildlich für die Band selbst steht. Geziert von einem riesigen glitzerndem KISS Schriftzug, hat auch er seine besten Jahre schon hinter sich, die ein oder andere Stelle im Vorhang wurde bereits sichtbar repariert und dennoch thront das ikonische Logo majestätisch über dem Königsplatz.
Als dieser fällt, beginnen zwei Stunden purer Rock’n’Roll. KISS kommen auf großen, mit Nieten verzierten Plattformen nach unten auf die Bühne und legen mit ordentlich Pyro und „Detroit Rock City“ auch schon mit aller Wucht los. Ein riesiger Bildschirm, ebenfalls mit Nieten verziert, ersetzt ein Backdrop und die zuvor heruntergelassenen Plattformen fungieren ebenfalls als Bildschirme, KISS haben sich für ihren Abschied noch einmal richtig was einfallen lassen. An diesem Abend wird neben vielen neuen keine der ikonischen Bühnenperformances, die sich über die letzten Jahrzehnte etabliert haben, ausgelassen, von Gene Simmons, der Feuer und Blut spuckt, bis hin zu Paul Stanley, der für zwei Songs auf eine Plattform mitten ins Publikum gleitet. Man nehme die eh schon gigantische Show von KISS und setze sie in eine Superlative, anders lässt sich dieses Schauspiel schwer beschreiben. Lediglich durch die Luft schweben tut The Demon nicht mehr, mittlerweile geht es mit einer der Plattformen in Richtung Bühnendach, da merkt man möglicherweise schon das Alter. Auch die Playback-Vorwürfe gegen Frontmann Stanley scheinen größtenteils aus der Luft gegriffen, denn abgesehen von ein paar hohen Schreien und Hintergrundgesängen scheint er wirklich alles live zu performen, oftmals variiert er die Texte nach seinem Belieben und auch nicht jeder Ton sitzt hundertprozentig, wie er soll, was bei diesem Feuerwerk an Eindrücken wirklich niemanden im Publikum interessiert.
Die Fans sind gekommen für eine gute Zeit und bekommen eine Show, die wohl für immer ihres Gleichen sucht. Die Setlist ist abwechslungsreich und umfasst trotzdem fast alle Fan-Favoriten, bis hin zur Zugabe zeigt sich das Publikum textsicher und euphorisch – und das zurecht, was man nicht oft genug betonen kann. Selbst Eric Singer darf einmal von seinem Schlagzeug nach vorne kommen für eine sehr gelungene Piano-Rendition von „Beth“. Zu „Rock And Roll All Nite“ fliegen dann Unmengen von Konfettischnipseln und Schlangen ins Publikum und zum Ende hin wird noch einmal alles an Feuerwerk und Pyro abgefeuert, was die Stadt München genehmigt hat. Ein fulminanter, würdiger Abgang für eine der größten Rockbands der Geschichte. Da wünscht man sich fast, sie würden wie die Scorpions das Wort Abschied nicht so ernst nehmen.
Setlist: Detroit Rock City / Shout It Out Loud / Deuce / Say Yeah / I Love It Loud / Heaven’s On Fire / War Machine / Lick It Up / Calling Dr. Love / 100,000 Years / Cold Gin / God Of Thunder / Psycho Circus / Let Me Go, Rock’n’Roll / Love Gun / I Was Made For Lovin‘ You / Black Diamond – Zugaben: Beth / Crazy Crazy Nights / Rock And Roll All Nite
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Bericht: Luka Schwarzlose
Fotos: Martin Schröter