Immer seltener werden die Gelegenheiten, eine lebende Legende live und in Farbe zu sehen. Mit Eric Clapton war am 2. Juni 2022 nach mehrfachen COVID-bedingten Verlegungen eben genau so eine in der Münchner Olympiahalle zu Gast. Kein Wunder also, dass tausende begeisterte Rock-Fans diesen Tag über all die Jahre herbeigesehnt haben. Selbst wenn sich Clapton in den letzten Jahren mit seinen Aussagen nicht immer mit Ruhm bekleckert hat, ist die Vorfreude riesig.
Den Anfang machen allerdings die Bluesanovas, die Eric Clapton auf fünf weiteren Shows durch Europa begleiten. Das Blues-Quintett aus Münster trifft den Sound der Veranstaltung wie den Nagel auf den Kopf, die individuelle musikalische Qualität und ihre fetzige Mischung aus Blues und Rock’n’Roll erntet zurecht jede Menge Applaus. Einziges Manko der Band ist, dass Name und Ansagen mehr nach Wirtshaus-Partyband klingen als nach den seriösen Musikern, die sie eigentlich sind.
Nach kurzer Umbaupause startet dann Eric Clapton vor gut aufgewärmtem Publikum mit „Pretending“ in den Abend. Der Sound ist für die Olympiahalle überdurchschnittlich gut, die Beleuchtung dafür eine milde Katastrophe. Während der Rest der Bühne einigermaßen gut belichtet wird, spielt Clapton komplett im Dunklen. Knapp die Hälfte der fast ausverkauften Halle erkennt Slowhand nur über die Videoscreens an den Seiten der Bühne oder der Übertragung auf dem riesigen, Kronleuchter-ähnlichen Bühnenornament über der Band, die bewusst das gesamte Konzert über nur in schwarz-weiß bestrahlt werden, um die fehlende Belichtung auf der Bühne auszugleichen, denn selbst den Kameras ist es zu dunkel. Weiter im Programm geht es bereits früh in die zahlreichen Hits, inklusive „I Shot The Sheriff“ und dem Cream-Hit „White Room“, bevor Clapton sich mit abgespeckter Band zum akustischen Teil des Abends zusammensetzt.
Nach einer gelungenen Rendition von „Driftin Blues“ kommt es bei „Nobody Knows When You Are Down And Out“ zu offensichtlich spürbaren Komplikationen. Nach mehreren schweren Rückkopplungen unterbricht Slowhand und wirft seine Akustikgitarre vom Schoß, offensichtlich waren diese auf der Bühne noch lauter als davor. Nach wie vor akustisch von seiner Band begleitet, nun aber mit seiner berühmten Fender Stratocaster ausgerüstet, geht es direkt weiter mit „Smile“, dem Derek and the Dominos-Hit „Layla“ und als akustisches Finale „Tears In Heaven“. Zwischen den Liedern werden immer wieder Stimmen aus dem Publikum laut, die sich über die fehlende Beleuchtung des Weltstars beschweren. Clapton ignoriert diese gekonnt und steuert weiter durch sein Set mit Megahits wie „Wonderful Tonight“, Robert Johnsons „Cross Road Blues“ und zum krönenden Abschluss J.J. Cales „Cocaine“. Als Zugabe gibt es noch ein Cover von Joe Cockers „High Time We Went“, gesungen vom Organisten der Band und ehemaligen Frontmann von Mike & The Mechanics, Paul Carrack. Damit geht ein musikalischer Abend der Extraklasse zu Ende, an dem Eric Clapton beweist, dass er, selbst ohne Licht, trotz seiner 77 Jahre immer noch zu den besten Gitarristen der Welt gehört.
Setlist: Pretending / Key To The Highway (Charles Segar cover) / I’m Your Hoochie Coochie Man (Willie Dixon cover) / I Shot The Sheriff (The Wailors cover) / White Room / Driftin‘ Blues (Johnny Moore’s Three Blazers cover) / Nobodoy Knows You When You Down And Out (Jimmy Cox cover) / Smile (Charlie Chaplin cover) / Layla / Tears In Heaven / Badge / Wonderful Tonight / Cross Road Blues (Robert Johnson cover) / Little Queen Of Spades (Robert Johnson cover) / Cocaine (J.J. Cale cover) – Zugabe: High Time We Went (Joe Cocker cover)
Bericht: Luka Schwarzlose