Es ist so eine Sache mit den Jungs von Dir En Grey. Erst sind sie jahrelang vollkommen weg vom europäischen Festland, dann kommen sie zweimal innerhalb von 1,5 Jahren in die bayerische Landeshauptstadt. Der japanischen Metal-Band scheint es jedenfalls gut zu gefallen in München, denn sie bringen ein vollkommen neues Programm mit, das sich nicht wie ein altehrwürdiges Best-Of präsentiert, sondern letztendlich das Gegenteil davon: das gesamte aktuelle Album „The Insulated World“, zuzüglich des neu erschienen 10-Minuten-Epos „The World Of Mercy“ und zwei Lieder aus den unzähligen Vorgängern. Ein wildes Vorhaben, dass, im Gegensatz zum letzten Besuch, das Technikum auch nicht ausverkaufen lässt, wenngleich dennoch gut füllen. Die Erwartungen am 29. Januar 2020 sind wieder einmal hoch.
Auf Eigenheiten muss man sich bereits zu Beginn einstellen: Einlass ist um 18 Uhr, Beginn bereits um 19:25 Uhr. Vorband gibt es, wie wir bereits beim letzten Mal berichteten, keine, dafür ein volles Set mit abermals großer Produktion der Musiker: eine große Leinwand projiziert Videos, die Kostüme sind recht ausgefallen und Frontmann Kyo mimt ein wenig Chucky, die Mörderpuppe, während er mit dem Mikrofonkabel Galgenschlaufen bildet und sich darin spielend erhängt. Natürlich sind Dir En Grey wieder extrem – und natürlich kommt ihnen das irgendwie zugute, weil es ja niemand sonst so wirklich macht. Insgesamt wirkt es aber inzwischen einfach blutleer. Unentschlossenes Theater, ein letzter Akt eines Stücks, dessen Höhepunkt schon lange vorbei ist.
Umso verwunderlicher, dass man quasi nur neues Material spielt und Klassiker wie „Obscura“ oder „Red Soil“ ignoriert. Natürlich liegt es im Interesse der Band, aber wiederum auch im Interesse des Publikums, einen Querschnitt zu erleben. Andererseits scheint es die jubelnde Menge auch wenig zu interessieren – in den Pausen zwischen den Songs wird lautstark gejubelt. Und das zeigt letztendlich, dass den Personen, denen es gefallen muss, eben genau das tut. Und damit ist ihr 90-Minuten-Konzert mehr als berechtigt.
Setlist: Zetsuentai / Ningen o Kaburu / Rubbish Heap / Devote My Life / Keibetsu to Hajimari / Celebrate Empty Howls / Aka / Merciless Cult / Downfall / Values Of Madness / Keigaku no Yoku / Ranunculus / The World Of Mercy – Zugaben: Followers / Lie Buried With Vengeance / Utafumi
Kurzbericht: Ludwig Stadler