Chris de Burgh weilt gefühlt schon immer unter uns und hat noch nie nicht Musik gemacht – so zumindest die Wahrnehmung. Konsequent, dass der mittlerweile 71-jährige Ire die Philharmonie im Gasteig natürlich ausverkauft. Die Tour, mit der er am 31. Oktober 2019 in München Halt macht, ist allerdings auch eine ganz besondere – gleich zwei Alben spielt er an diesem Abend in voller Länge, zuzüglich eines kleinen Best-Of. Der Abend? Ein langer – aber äußerst lohnenswerter.
Auf die Minute pünktlich um 20 Uhr verdunkelt sich der Saal und Chris de Burgh kommt, ebenso im Dunkeln, in die Mitte der Bühne geschritten – keine Sekunde vergeht, in der das Publikum für die pure Anwesenheit begeistert aufspringt und applaudiert. Dabei wagt sich der Musiker für die ersten 50 Minuten seines Konzerts erst einmal an sein relativ unbekanntes Konzeptalbum, nämlich „Moonfleet & Other Stories“ aus dem Jahr 2010. Das erzählt die Geschichte von John und Grace, die de Burgh ebenso, mit Unterbrechung einer Ansage, pausenlos erzählt – musikalisch oder mit erzählten Interludes. Besonders fällt dabei der sehr pointierte Klang auf, der in der ersten Hälfte noch etwas orchestral und stark Irish Folk-orientiert anmutet, später sich dann auch dementsprechend rockiger gestalten sollte. So eindrucksvoll und schön der Auftakt ist – was nach der Pause folgt, toppt dies problemlos.
Setlist: The Light On The Bay / Have A Care / Go Where Your Heart Believes / The Escape / The Days Of Our Age / The Secret Of The Locket / My Heart’s Surrender / Treasure And Betrayal / Moonflet Bay / The Storm / Greater Love / The Moonfleet Finale
Denn um 21:10 Uhr kehrt der Liedermacher zurück – mit neuem Outfit, leicht veränderter Bühne und dem gesamten „Into The Light“-Album im Gepäck, das ihn damals 1986 endgültig zum Status eines Weltstars katapultierte. In Deutschland aber feiert er seit jeher die größten Erfolge – kein Wunder, dass er über all die Jahrzehnte hinweg in München auch nur die größten Locations von Olympiahalle bis Tollwood bespielt hat. Die Philharmonie als Wahl ist in jedem Fall gelungen – einzig das Mikro der Stimme ist etwas zu leise, wenn die volle Bandbesetzung spielt, der Saal schluckt die Vocals. Das ist natürlich deshalb schade, weil die Stimme von Chris de Burgh immer noch in Topform ist – insbesondere bei „Borderline“ überzeugt der Ire so stimmgewaltig, dass die Menge euphorisch zur Bühne vorstürmt. Auch nach all den Jahren – wenn jemand weiß, wie man ein überzeugendes Konzert spielt, dann er.
Insgesamt 110 Minuten dauert der zweite Teil an, es nimmt schier kein Ende gibt, denn dann folgt noch ein Hit und noch einer. Nach einem kurzen Solo-Akustik-Part geht de Burgh in die Zielgerade – „The Lady in Red“. Der Saal tobt, was sich der Sänger zu Nutze macht: er geht ins Publikum. Konsequent besucht er jeden Winkel des untersten Blocks, umarmt die in rotgekleideten Frauen, macht Fotos, schüttelt Handy, zeigt Fan-Nähe wie wohl kein anderer Sänger in dieser Größenordnung. Direkt dahinter: „Don’t Pay The Ferryman“, „High On Emotion“. Die Zugabe kommt dann nur noch einem absolut verdienten Applaus-Abholen gleich – für ein Konzert dieser Wucht im deutlich gehobenen Alter von 71 Jahren verdient Chris de Burgh aber auch nichts anderes als Standing Ovations!
Setlist: Last Night / Fire On The Water / The Ballroom Of Romance / Borderline / Say Goodbye To It All / The Spirit Of Man / Fatal Hesitation / One Word (Straight To The Heart) / For Rosanna / The Leader / The Vision / What About Me? / A Spaceman Came Travelling / Where Peaceful Waters Flow / The Lady In Red / Africa (Toto cover) / Missing You / Don’t Pay The Ferryman / High On Emotion – Zugaben: The Snows Of New York / The Moonfleet Finale
Bericht: Ludwig Stadler