Rund um das Spiel dreht sich die aktuelle Spielzeit im Residenztheater, so zumindest der Vorsatz und so auch bisher der Weg – wenig Performance, viel Schauspiel. „Endspiel“ von Samuel Beckett fügt sich passender denn je ein, denn das gesamte Stück baut nur auf das reine Spiel auf – und absolut nichts anderes. Die Premiere am 16. November 2018 führt daher weniger in das Gewisse als in das reine Ungewisse, denn wie inszeniert man Dialogtheater reizvoll und interessant?
Die Antwort ist kurz und simpel: minimalistisch. Regisseurin Anne Lenk setzt weder auf Bühnenbild noch auf Kostüme noch auf irgendwelche visuellen Spielereien, sondern einzig und allein auf ihre wichtigste Komponente, die Darsteller. Das Bühnenbild ist bleibt auch durchgehend konstant und recht spröde, aber wie soll ein augenscheinlich post-apokalyptischer Bunker schon großartig aussehen? So bleibt es vollkommen schwarz und leer auf der Bühne, außer einem Stuhl, auf dem Oliver Nägele als Hamm konstant sitzt. Sein Augenlicht habe er verloren, seinen Gehwillen auch – nun muss Gehilfe Clov, gespielt von Franz Pätzold, mitwirken und immer dann humpelnd springen, wenn der Mann etwas wünscht. Glücklich wirkt er dabei nicht, immer wieder sagt er: „Ich verlasse dich“. Und doch bleibt er. Wo soll er hin, nachdem die Erde dem Ende nah ist?
In welchem Verwandtschaftsverhältnis nun Clov und Hamm zueinander stehen, bleibt bis zum Schluss etwas unklar. Die Erklärung mit dem Ziehsohn kommt recht falsch daher – die Frage bleibt, ob Clov nicht letztendlich eine Vision Hamms eigener Jugend ist, sein jüngeres Alter Ego. Der ist nämlich sichtlich genervt vom Kommando des Älteren, kann sich aber zeitgleich nicht aus seiner selbstgewählten und repetitiven Fessel lösen. Im Gegensatz zu Nagg und Nell, die Eltern von Hamm und gespielt von Manfred Zapatka und Ulrike Willenbacher, die zwar nur selten vorkommen, aber mit ihrem wunderbaren Spiel die Situation sichtlich auflockern und tolle Akzente setzen. Der übliche Zweier-Dialog zwischen Nägele und Pätzold erfüllt zwar seinen Zweck, kann aber die gesamte Spielzeit nicht genug Interesse halten.
In erster Linie liegt das am Stück, am Ende geht die Luft in den Dialogen leider arg aus, die Dinge wiederholen sich zu extrem. Diesem Schicksal sind auch die beiden Protagonisten geweiht. Selbst wenn sich Pätzold noch so viel Mühe gibt und klassisch ohne Requisiten spielt, sondern nur mit der Imaginationskraft des Publikums, reicht es nicht aus. Immerhin gelingt es Lenk, den Beckett-Text so zu inszenieren, dass auch tatsächlich die amüsanten Dialoge zur Schau kommen. „Wenn ich die Ratte nicht töte, stirbt sie“, da lacht das Publikum, verhalten, aber immerhin, eine Regung. Nach rund 100 Minuten hat es sich ausgespielt, Clov steht als junger Hamm neben dem Bunkergeschehen. Das Ende bleibt offen, das Spiel ist vorbei. Ein ruhiger, unaufgeregter Theaterabend, der einzig und allein von der Schauspielkunst seiner Darsteller getragen wird. Das mag zwar auch die Intention sein, zieht sich aber im Endresultat dennoch.
Kritik: Ludwig Stadler