Wo gibt es in München eigentlich noch Operetten zu sehen? Mit Ausnahme von ganz wenigen Gastspielen und seltenen Konzerten eigentlich nur noch an einem Ort: dem Gärtnerplatztheater. Besonders schön wird es dann, wenn auch noch unbekanntere Werke aus der Richtung aufgeführt werden. Das geschah glücklicherweise wieder einmal am 14. Juni 2018 mit „Der tapfere Soldat“, einem dreiaktigen, leichten Musiktheaterstück. Das Wetter hält, das Publikum sichtlich gut aufgelegt, die Zeichen stehen bestens.
Die Handlung ist nicht sonderlich überraschender als bei anderen Operetten: das übliche Beziehungsallerlei und die Entscheidung zwischen mehreren Liebenden, gepaart mit ordentlich Humor und Overacting. Wenn Musik, Besetzung und Inszenierung stimmen, ist der amüsante Abend quasi schon garantiert. Das Setting in den Krieg Bulgarien – Serbien ist eine stückbedingte Verpflichtung und bringt einen eigenartigen Mix von Trübsal und Heiterkeit mit sich, denn einerseits kehren so etliche Charaktere immer wieder zurück oder können gar erst eingeführt werden. Andererseits zieht es die Stimmung unpassend runter und verhindert eine moralische Richtung, nur im Finale kommt die Moral durch.
„A bisserl seicht“ sagt eine ältere Dame, als ihre Begleitung sie nach der Pause fragt, wie sie es bisher denn fände. Dem können wir uns nur anschließen: während der erste Akt doch arg belanglos und unspektakulär, sowohl musikalisch als auch inszenatorisch, daher kommt, fährt Akt 2 inkl. Hochzeits-„Feier“ in absolute Höchstform auf. Der letzte Akt, nach einem Kriegseinschlag, verfängt sich leider ein wenig in plumpen Witzen und billigen Slapstick – hier hätte man auch wesentlich kontextbezogener inszenieren können und nicht auf so brutale Gegensätze hinaus, dass vorige Szenarien kaum erkannt werden.
Das Orchester des Gärtnerplatztheater spielt unter der Leitung von Anthony Bramall leise, dennoch angemessen, und zu keiner Zeit zu aufdringlich. Die Vokal-Solisten setzen die solide Musik allerdings zusätzlich weit über dem Wert um, den die Notenabfolge eigentlich hätte. Musikalisch in der üblichen Operetten-Besetzung also wie immer – eine absolute Bank!
Der größte Lacher des Abends kommt sowieso, wenn Daniel Prohaska den Namen seiner Figur verrät: Bumerli. Der Schweizer, der den gesamten zweiten Akt im Anzug mit Toblerone in der Tasche herumläuft, flüchtet zufällig in ein bulgarisches Haus und bandelt dort mit der Verlobten des Anführers seiner Kriegsgegner, Nadina (Sophie Mitterhuber), herum. Mutter Aurelia (Ann-Katrin Naidu) und Hausdame Mascha (fantastisch: Jasmina Sakr) machen Bumerli allerdings auch schöne Augen, obwohl sie ja eigentlich schon verheiratet bzw. verliebt sind und.. achja. Einige Berg- und Talfahrten später, inklusive einer Hochzeits-Vollkatastrophe, hat dann jeder die oder den, den sie oder die er wollte. Nur Nadina möchte sich von Bumerli lieber fernhalten – der wiederum offenbart sein Privatvermögen und wird daher kurzerhand von der Familie zwangsverheiratet. Am Ende gewinnt wie immer das Geld. Also doch eine kleine Moral.
Kritik: Ludwig Stadler