Der menschgewordene Superheld – „Superman“ in der Filmkritik
Der ursprünglichste aller Superhelden kehrt zurück auf die große Kinoleinwand: Superman! Und dass es weit mehr als ein weiterer Blockbuster aus der Welt der Comicverfilmungen ist, zeigen schon die mediale Aufmerksamkeit als auch der Hintergrund dieses Films. Mit „Superman“ feiert nicht nur David Corenswet sein Debüt als übermächtiges Alien mit Heldenkomplex und sorgt für sein erstes Solo-Kinoabenteuer seit zwölf Jahren, es ist auch der erste Film des neuen DC-Universums unter James Gunn, der die kreative Führung des altehrwürdigen Comicverlags übernommen hat und das Franchise mit frischem Wind aus der Krise geleiten soll. Klar, dass der Startschuss da Chefsache ist. Doch ob ihm das gelingt?
Die erste Aufnahme, die wir von Superman erhalten, ist: geschwächt, blutend, am Boden. Der unantastbare Held, zerstört? James Gunn wird gleich zu Beginn sehr deutlich: Dieser Held ist nicht unantastbar, nicht unbesiegbar, er ist menschlich. Bis er das selbst komplett realisiert, vergeht zwar erst der gesamte Film, aber dennoch, kein zu erwartendes Bild. Aber auch die eisige Antarktis und die Ausschnitte eines Kampfs in Metropolis lassen zwei Dinge klar werden: An CGI wird hier nicht gegeizt und die Farbgestaltung ist hell, freundlich, deutlich comichafter als noch die düsteren Snyder-Produktionen. Gunn will sich, soweit ist es deutlich, klar abheben vom Cavill-Superman, er verzichtet auf zu viel Origins-Story und setzt auch sonst manche Hintergründe etwas zu sehr als vorhanden voraus. Langsam reingleiten in die Geschichte? Fehlanzeige.

Wenngleich dieser Action meets Klamauk-Ansatz von Gunn oft bestens funktioniert und selbst in unerwarteten Themen große Wirkung entfacht, scheint er hier oft an seine Grenzen zu stoßen. Viele Storylines werden angeschnitten, aber nicht weitergeführt, manche wichtige Charaktere etwas zu schablonenhaft in den Film geworfen (Stichwort Justice Gang) und nicht selten weiß der Film nicht so recht, auf welcher emotionalen Basis er nun funktionieren möchte. Arg holprig wird das in einer Fluchtsequenz in einem Taschenuniversum, das mit Charakteren um sich wirft, die zu keiner Sekunde so richtig wirken können. Überdeckt wird das, immerhin konsequent und stets gekonnt, von den vielen kreativen Einfällen und wildesten überdimensionalen Wesen aus Gunns Feder, die auch in „Superman“ wieder mit reichlich Screentime Freude verbreiten.
Besonders getragen wird der Film vom undiskutabel starken Cast. Gerade David Corenswet liefert einen großartigen, mehrdimensionalen Superman als auch Clark Kent ab, der über die Grenzen des löchrigen Skripts hinausgeht und deutlich untermauert, dass er eben der starke Charakterdarsteller ist, wie er es bereits bei manchen Ryan Murphy-Serien beweisen konnte. Dort reiht sich Nicholas Hoult als Lex Luthor natürlich ebenso ein – und rein schauspielerisch verwundert das bei ihm auch kaum. Hoult allerdings hat wirklich zu kämpfen mit seiner Figur, die doch so erbarmungslos, tief und böse sein sollte, aber nun innerhalb dieses oft klamaukig-hellen Films unterwegs ist. Das klappt nicht wirklich. Rachel Brosnahan als Loris Lane wiederum bringt ab dem Beginn wirklich Abwechslung und Spielfreude in den Film und ihre Rolle ein, die besonders die oft schablonenhaften Momente in der zweiten Filmhälfte etwas greifbarer wirken lassen kann. Abschließend gilt es noch Krypto, den Hund von Superman, zu erwähnen: Während er anfangs noch für humorvolle Momente sorgt, ist er bald dieser eine Running Gag, der sich viel zu schnell totgelaufen hat.

Am Ende bleibt ein Blockbuster, der zwar nicht verfehlt, über zwei Stunden zu unterhalten, aber schon bei einer minimal tieferen Betrachtung ein Skript in Form eines löchrigen Schweizer Käses entfaltet, das die Balance von Humor und Ernsthaftigkeit einfach nicht finden möchte. Über die tausend Side-Storylines, von Kriegstreiberei bis schreienden Influencerinnen, sei hier noch gar nicht gesprochen. Gerade als Startschuss eines Franchise-Reboots einfach nicht genug.
Kritik: Ludwig Stadler

