Das Genre des Deathcore gibt es nun zwar schon seit ein paar Jahrzehnten, außergewöhnlich massentauglich ist es, trotz einiger namhafter Vertreter, nie so recht geworden. Packt man aber die derzeit erfolgreichsten Bands dieses Genres zusammen an einen Abend, so füllt man damit schier problemlos die größeren Hallen Europas. Die gerade laufende „Godlike“-Tour zum gleichnamigen Album von Thy Art Is Murder macht genau das, indem die genannte Band mit Whitechapel, Fit For An Autopsy und Spite im Vorprogramm umherreist. Restlos ausverkauft ist es dabei auch in München, am 13. Oktober 2023 in der TonHalle.
Draußen kann man noch die Sonnenstrahlen und überraschend warme 25 Grad genießen, während es sich drinnen doch relativ schnell aufheizt. Das liegt am Anfang noch gar nicht daran, dass die Halle brechend voll ist – bei einem Konzertstart um 18:30 Uhr nicht zwingend zu erwarten –, aber vor allem an der schweißtreibenden Performance von Spite. Die erste Band des Abends bringt 30 Minuten Beatdown mit und legt mit anfangs schwierigen, bald aber soliden Sound los. Natürlich gewinnt die Musik keinen Preis für Abwechslung, aber alle Bandmitglieder spielen bereits um diese Uhrzeit sich die Seele aus dem Leib, besonders Sänger Darius Tehrani zieht alle Blicke auf sich, wenn er seine Haarpracht umherwirbelt und keine Sekunde stillsteht. Starker Einstieg!
Mit den um 19:15 Uhr folgenden Fit For An Autopsy kommen sogleich eine der prominentesten Vertreter des Deathcore, die in den Jahren sehr viele Liebhaber gefunden haben und sicherlich eine Zielgruppenüberschneidung mit Thy Art Is Murder-Fans von annähernd 100% haben dürften. Dementsprechend kommen schon die ersten Töne von „A Higher Level Of Hate“ an – die Moshpits und Circle Pits eröffnen sich in beachtlicher Größe fast schon von allein. Anfangs muss sich eine ausgeglichene Mischung aus der Box noch finden, doch allerspätestens bei „Savages“ klingt dann alles rund und die Menge tobt. Nur 35 Minuten haben die Herren aus New Jersey, doch die werden fleißig ausgekostet und hinterlassen ein glückliches und durchaus bereits jetzt durchgeschwitztes Publikum.
Setlist: A Higher Level Of Hate / Black Mammoth / Savages / The Sea Of Tragic Beasts / Hellions / Pandora / Far From Heaven
Bei Whitechapel, die kurz vor der Primetime um 20:10 Uhr die Bühne betreten, gibt es dann aber erstmal die Möglichkeit, ein wenig durchzuschnaufen. Das erscheint eigenartig, denn die Musik ist wahrlich treibend, aber auf der Bühne gibt es, trotz ganzer sechs Bandmitglieder, absolut keine Energie und einen für die große Besetzung auch überraschend wenig vollen Sound. Trotz Hits wie „The Saw Is The Law“ und einem pausenlosen Block aus drei alten, harten Oldschool-Nummern am Ende der Set springt der Funke einfach nicht über, zu wenig Interesse und Interaktion kommt von Sänger Phil Bozeman, kaum nachhaltig interessant wirkt es im Gesamten. So macht immerhin die Bar ein äußerst gutes Geschäft und das Publikum wartet gespannt auf den Headliner.
Setlist: I Will Find You / A Bloodsoaked Symphony / The Saw Is The Law / We Are One / Forgiveness Is Weakness / Doom Woods / End Of Flesh / Prostatic Fluid Asphyxiation / This Is Exile
Der lässt sich noch etwas Zeit, aber um 21:20 Uhr starten Thy Art Is Murder mit „Destroyer Of Dreams“ in ihr 70-minütiges Set. Im Vorfeld machte die Band, nebst ihres Album-Release, über sich reden, als sie den langjährigen Sänger CJ nach transphoben Äußerungen und internen Streitigkeiten kurz vor der Tour rauswerfen und durch Ex-Aversions Crown-Frontmann Taylor Miller ersetzen. Das kam doch überraschend, aber konsequent, und lässt die 2000 Konzertbesucher*innen besonders aufmerksam hinhören. Das Resultat: gewaltig. Miller macht einen grandiosen Job, grunzt sich astrein durch die Lieder, die dank eines starken, sehr lautem, aber mit messerscharfen Gitarren gespickten Sound wirklich überragend ankommen. Das Publikum ist euphorisiert und crowdsurfed fleißig umher, während TAIM eine runde Mischung ihrer Alben und ganzen sieben Songs aus „Godlike“ spielen. Einen emotionalen Moment erzeugt Taylor Miller, als er vom heutigen 12. Geburtstag seiner Tochter erzählt, die Anfang des Jahres verstorben sei. Ob die Halle nicht ein gemeinsames Happy Birthday singen könnte, fragt er – daraufhin donnert es eine Geburtstagshymne, die sicherlich bis in den Himmel heraufgeschallt ist. Ein ergreifender Moment – und ein mächtiger Auftritt im Gesamten.
Setlist: Destroyer Of Dreams / Slaves Beyond Death / Death Squad Anthem / Make America Hate Again / Blood Throne / Join Me In Armageddon / Bermuda / Human Target / Holy War / The Purest Strain Of Hate / Godlike / Keres / Everything Unwanted – Zugaben: Reign Of Darkness / Puppet Master
Bericht: Ludwig Stadler
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