Sich in schwülwarmer Luft auf den Wellen von Deep House-Klängen tragen zu lassen und dabei dem stressigen Alltag und den kalten Außentemperaturen zu entkommen – dafür eignet sich die Musik von Lost Frequencies ganz hervorragend. Felix Safran de Laet, dieser belgische junge Mann, der in seinem übergroßen Hemd aussieht wie ein Mathematik-Student, lässt den Raum beben und verwandelt das Konzert zu einem einmaligen Partyabend. Bereits 2014 feierte er weltweite Erfolge mit der Hitsingle Are You With Me und füttert seine treue Gefolgschaft stets mit neuen Tophits wie Reality und Love To Go, die er auch an diesem 18. November im Backstage zur Freude des Publikums zum Besten gab. Damit ist Lost Frequencies auch endgültig im Mainstream angekommen, doch Mainstream ist dabei nicht abschätzig gemeint. Es soll nur die Tatsache vermitteln, dass man schon seit einigen Jahren keinen Radio- oder Musiksender mehr einschalten kann, ohne spätestens nach einer halben Stunde in den Genuss einer Produktion aus der Feder dieses jungen Mannes zu kommen. Er macht halt einfach gute Musik.
Voract war die DJane und Produzentin Pretty Pink aus dem Harz. Mit hunderttausenden Follower*innen in der Szene wohl bekannt, spielt sie wider Erwarten ihres Namens eine Mischung aus Deep House-Klängen und Remixen bekannter Tracks. Zuweilen wirkt die hübsche, junge Musik-Influencerin jedoch ein wenig motivationslos am DJ Pult, sodass die Musik eher zur netten Hintergrundbeschallung verkommt. Der himmelweite Unterschied fällt einem spätestens bei Beginn des Mainacts auf, denn Lost Frequencies ist schlicht und ergreifend ein hervorragender DJ!
Am DJ-Pult und mit E-Gitarre eröffnet Lost Frequencies den Abend mit einem Track mit Ansage: „Sick of the Silence“ und begrüßt das Publikum in seiner unvergleichlichen, fast schüchtern wirkenden Art mit seinem cuten Englisch mit belgischem Akzent. Und Stille ist an diesem Abend auch allerhöchstens ein stilistisches Mittel, denn entgegen dem ersten Anschein bringt dieser gar nicht schüchterne Kerl mit seinen gut durchdachten Remixes und Deep House Klängen die Herzen des Publikums zum Hämmern, dass die Füße nicht stillstehen können. Für den Gesang an diesem Abend sorgt Kye Sones, ein Londoner Soul-Sänger, der Lost Frequencies häufiger gesanglich unterstützt und mit diesem zuletzt auf seinem Auftritt auf Tomorrowland 2022 dabei war. Genau wie bei diesem Großevent überlässt Lost Frequencies es Kye Sones, einen Großteil der Show die Massen anzustacheln und konzentriert sich auf seine heißgeliebte Aufgabe: Die genau richtigen Beats im genau richtigen Moment zu droppen und mit seinen unglaublichen DJ-Fähigkeiten zu brillieren.
Bei diesem aufs aufwändigste beleuchtete Bühnenspektakel kommt alles an Lichtern zum Zuge, was im Backstage Werk in München machbar war. Dem Publikum werden hier wirkliche Tomorowland-Vibes geboten. Begleitet von einer Live-Band mit Schlagzeuger und Gitarristen, der das Keyboard übernimmt, wann immer Lost Frequencies selbst an seine Instrumente, der Gitarre und Keytar geht. Das verleiht der ganzen Show noch eine ganz andere Dimension und sorgt für eine Klanggewalt, wie man es sich von einem Live-Auftritt nur wünschen kann. Auch die Bekanntheit der einzelnen Tracks trägt zum Gesamtkonzept bei und der Gesang des Publikums wird als weiteres Instrument genutzt. Ein Publikums-Chor entsteht unter Direktion von Kye Sones und sorgt für richtiges Gänsehaut-Feeling, wenn etwa unisono „Halleluja“ ertönt bei Sun is Shining. Insgesamt also ein aufwändiges Spektakel, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Schon weil man hier einen vollen Abend geboten bekommt, bei dem nach den „Zugabe“-Rufen noch über eine halbe Stunde länger gespielt wurde.
Setlist: Sick of the Silence / Love to go / Questions / Are You with Me / Here with you / Chemical High / Reality / Recognise / Beat of My Heart / Where Are You Now / Black & Blue / Crazy/ Sun is Shining / Remixes wie Thunderclouds
Bericht: Catarina Silva Ruther