Corona ist da. Konzerte müssen abgesagt oder verschoben werden. Alternativen müssen her!
Zum Glück bietet das Backstage die Acoustix Rausch-Konzertreihe an, auf der die Münchner Post-Hardcore/Punkband Marathonmann nicht eine, sondern zwei Akustik-Shows am 1. und 2. August 2020 direkt nacheinander spielt, da Nummer eins nach nicht mal zwei Wochen ausverkauft war. Stark. Alles in Allem hat Marathonmann zusammen mit Support Casino Blackout mal wieder bewiesen, wie stark München musikalisch eigentlich ist.
Dass Marathonmann bereits viel Erfahrung mit Akustikauftritten hat, ist jeden Moment zu spüren. Mit dem fast schon wohnzimmerhaften Bühnenaufbau mit unterstützender Lichtshow bis hin zu dem durchdachten Arrangement wird jeder Song zur Wohlfühlnummer, die trotz der ganzen weltpolitischen und zwischenmenschlichen Scheiße ein warmes Gefühl sowie ein Licht am Ende des Tunnels gibt. Im Verglich zu dieser herausragenden Performance waren die Ansagen zwischen den Songs, primär vor der Pause, eher suboptimal. „Was ist der Unterschied…“-Witze und Kalauer werden dem hohen Anspruch und der thematischen Tiefe der großartigen Songs dieser Band nicht gerecht. Schade.
Aber das ist alles egal, wenn man nach der Show mit einem tiefsitzenden Lächeln im Gesicht nach Hause gehen kann. Speziell im zweiten Teil nach der Pause wurde das musikalische Niveau noch einmal kräftig angezogen. Gerade hier wurde die ergänzende musikalische Begleitung an Keyboard und Geige perfekt genutzt. „Hinter dem Spiegel“ kam ohne Schlagzeug und zweiter Gitarre aus und könnte in dieser melancholischen Form locker ein Soundtrack sein, der von seiner Epik und Tiefsinnigkeit mit Songs wie „Shallow“ mithält. Direkt danach kam „Abschied“ – und mein emotionaler Breakdown. Ich glaube ich habe davor noch nie auf einem Konzert Tränen vergossen. Ganz ganz großes Kino. Alles danach war noch die Kirsche auf der Schwarzwälder Kirschtorte – die ganzen Marathonmann-Klassiker in sehr anderem Gewand als sonst. Nach dem Münchner Gedächtnis-Hit „Die Stadt gehört den Besten“ mit kurzer „Scatman (ski-ba-bop-ba-dop-bop)“-Einlage und mittlerweile quasi legendärem Mitsingpart ist um 21:45 Uhr die Show vorbei. Und ich ging mit einem tiefsitzendem Lächeln im Gesicht nach Hause.
Bericht: Jakob Preißler