Wenngleich die meisten Bands der schwarzen Szene mehrfach jährlich in München einen Halt machen, einige Ausnahmen gibt es dann doch immer noch. Dementsprechend hoch ist der Andrang an diesem Mittwoch, 24. April 2019, denn niemand anderes als Lacrimosa ist wieder in der Stadt. Zuletzt beehrte das altehrwürdige Symphonic Dark Rock-Projekt von Tilo Wolff 2012 die bayerische Landeshauptstadt. Nun geht es auf große „Zeitreise“-Welt-Tour, die München in der Backstage Halle miteinschließt.
Zuerst dürfen aber erst Kartagon um 19:30 Uhr das Publikum bespielen. Wolff arbeitet mit dem EBM/Industrial-Projekt zusammen, da er mit den Dreiergespann erstmals sein Nebenprojekt Snakeskin im Rahmen der „Zeitreise“-Tour auf die Bühne bringt. In München ist zwar kein Block davon geplant, die instrumentalen Umsetzer dürfen ihre Eigenkreationen dennoch zum Besten geben. Das machen sie auch äußerst gekonnt und melodieorientiert, was einen spannenden und angenehmen Kontrast zur üblichen EBM-Musik gibt. Zwar sitzen die Töne von Frontmann Hannes[B] nicht immer und das Publikum scheint um diese Uhrzeit noch äußerst verhalten auf die Musik zu reagieren, insgesamt wissen Kartagon aber sehr wohl, was sie tun, und machen das äußerst gut.
Setlist: Tonight / My Sanity / Two Minutes / Thousand Words / Rescue Me / I Am The One
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Der Beginn von Lacrimosa gestaltet sich etwas ungewöhnlich: erst startet ein Intro, mit Video projiziert auf eine kleine Banner-Leinwand, dann ist einige Minuten absolute Ruhe, bevor das übliche „Lacrimosa Theme“ aus den Boxen schallt. Um 20:30 Uhr starten dann endlich die ersten Töne zu „Ich bin der brennende Komet“ aus dem Keyboard, wie immer gespielt von der Finnin Anne Nurmi, die mittlerweile auch bereits seit 25 Jahren im Musikprojekt involviert ist. Allgemein wird sich auf das kürzliche erschienene Best-Of „Zeitgeist“ konzentriert, ziemlich jeder Song davon gespielt, einschließlich Ur-Versionen oder lange nicht mehr gehörter Perlen wie „Bresso“. Wolff selbst greift dabei auch selbst zur Gitarre und wandert, wenn Nurmi am Mikro steht, auch ans Keyboard. Aber auch sonst kann man sich dem Auftreten von Frontmann Tilo Wolff nicht entziehen. Wie ein Gummibär herumhüpfen und das Publikum animieren? Etliche, immergleiche Ansagen? Hat der Musiker definitiv nicht nötig – seine Musik spricht für ihn, die er schier pausenlos in einem Block darbietet.
Wer befürchtet, die Musik von Lacrimosa, so schön sie auch sei, wäre auf Dauer dann doch etwas ermüdend, der sei entwarnt: die Musiker schaffen es, einen angenehmen Mix aus langen und teils auch langatmigen Songs mit kurzen und drückenden Nummern. Es passiert sogar das Gegenteil der Befürchtung: man wird schier hineingezogen in den Sog der Musik, die einen über die gesamten 125 Minuten nicht mehr loslässt. Dennoch muss man sich mit der Stimme von Wolff anfreunden, die durchaus gewöhnungsbedürftig ist, wenngleich äußerst wandelbar – ist das geschehen, steht einem eine außergewöhnliche und vor allem für die doch sehr oft gleiche Musik in der Gothic-Szene einzigartige Show bevor. Die knapp 30 Jahre im Musik-Business haben sich bewährt – der Grandseigneur des Gothic Metals und Symphonic Dark Rocks muss nicht mehr beweisen. Und wenn doch einer verlangt wird – seine Musik ist Beweis genug.
Setlist: Ich bin der brennende Komet / Lichtgestalt / Nach dem Sturm / Schakal / Not Every Pain Hurts / Der Morgen danach / Allein zu zweit / Durch Nacht und Flut / Satura / Bresso / Seele in Not / Die unbekannte Farbe / My Pain / Keine Schatten mehr / Stolzes Herz / Ich verlasse heut dein Herz – Zugaben 1: Im Schatten der Sonne / Thunder And Lightning / Feuer – Zugaben 2: Copycat / Alles Lüge
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Bericht: Ludwig Stadler
Fotos: Ronja Bierbaum