Im Mittelpunkt des Konzertabends in der Allerheiligen-Hofkirche der Münchner Residenz steht vor allem Franz Schuberts Werk, eröffnet wird das Konzert jedoch von Friedrich Burgmüllers Nocturne Nr. 1 in a-Moll. Der elegante Stil von Anja Lechner und Pablo Márquez fällt direkt auf, ebenso die stimmige musikalische Kommunikation zwischen Cello und Gitarre. Dynamisch verstehen sie sich blind und steigern sich immer in demselben Maße in der Lautstärke, sodass die Gitarre als eigentlich deutlich leiseres Instrument nie untergeht. Sie rückt als Begleitinstrument etwas stärker in den Hintergrund, als es ein Klavier täte, stiehlt dem Cello aber so nicht die Show und wenn es darauf ankommt, ist Márquez da und vollzieht die Melodien des Cellos noch einmal echoartig nach.
Entgegen der Erwartung, dass sich die Klangfarben der beiden Instrumente aufheben würden, harmonieren sie doch perfekt und schaffen eine sehr intime, entspannte Atmosphäre. Das Programm besteht vorwiegend aus Liedbearbeitungen, ist nicht hochvirtuos und überfordernd und tut gerade daher so gut.
Sein feines Gespür für die Interpretation von Franz Schuberts Liedern beweist das Duo besonders in Der Leiermann, dem letzten Lied des hochromantischen Zyklus Winterreise. Nach ständigem Auf und Ab der Gefühle des wandernden Protagonisten kann man diesen Schluss durchaus als Weg in eine ewige, hoffnungslose Einsamkeit respektive in den Tod deuten. Das Cello mit leisen, rauen Bordunklängen legt sich über die helle, sangliche Gitarrenbegleitung, die die Melodie der Leier repräsentiert, wie der Schleier aus Melancholie und omnipräsentem Tod über die vorgeblich eindimensional heiter-naive Unterhaltungsmusik des Leiermanns.
In der Mitte des Programms liegt Franz Schuberts berühmte „Arpeggione“-Sonate. Ursprünglich für das gleichnamige Instrument mit Klavierbegleitung komponiert, führt man sie heute fast ausschließlich mit Cello oder Bratsche und Klavier auf. Der Arpeggione selbst ist eine Mischung aus Cello und Gitarre mit einem vom Cello deutlich abweichenden Tonumfang. Das stellt natürlich sowohl den Arrangeur als auch den Interpreten vor Herausforderungen. Besonders das häufige Spielen in den höheren Lagen des Cellos macht das Stück äußerst unbequem. Leider ist Anja Lechner in diesen Lagen auch nicht so sicher und muss sich immer vorsichtig an die Töne herantasten. Abgesehen davon gestaltet das Duo besonders den dritten Satz sehr tänzerisch und schwungvoll und zeigt deutlich seine Spielfreude.
Nach der „Arpeggione“ wird es maritim mit Schuberts Fischerweise und Meeres Stille. Und dieses Stück erdet den Zuhörer auf eine herrliche Weise, durch die ruhigen Arpeggien der Gitarre und der dynamisch sehr zurückhaltenden Gestaltung. Dann unterbricht noch einmal Friedrich Burgmüller den Schubert-Abend mit seiner zweiten Nocturne. Seine Trois Nocturnes sind in der Tat ursprünglich für Cello und Gitarre komponiert. Durch die feine Musikalität und den warmen Ton der beiden Interpreten werden diese kurzen Stücke zu besonderen Lichtblicken des Programms. Darauf folgt noch ein letztes Mal eine Schubert-Bearbeitung mit der Romanze aus „Rosamunde“, einem 1823 uraufgeführten Schauspiel von Helmina von Chézy, zu dem der Meister des Kunstliedes die Bühnenmusik lieferte. Mittelalterlich anmutendes Pizzicato des Cellos eröffnet diese Liebeserklärung.
Es ist kein Druckfehler im Programmheft, sondern beabsichtigt, dass abschließend erneut die erste Burgmüller-Nocturne erklingt. Wie Lechner in ihrer anschließenden Ansprache erklärt, entspricht das Programm genau dem ihrer CD „Die Nacht“, die Wiederholung des ersten Titels dient der Rahmenbildung um das Programm.
Nach einer guten Stunde ist der offizielle Teil des Konzertes gespielt, doch Anja Lechner und Pablo Márquez geben noch drei Zugaben, eine Transkription von Milonga de dos Hermanos des argentinischen Pendants von Franz Schubert, Carlos Guastavino, dann einen Walzer von Ferdinand Rebay. „Unser Programm war sehr traurig, also müssen wir auch traurig aufhören“, sagt Lechner, und so beschließt Triste von Alberto Ginastera diesen stimmungsvollen Abend mit einem sehr kurzweiligen Programm.
Programm:
Friedrich Burgmüller: Nocturne Nr. 1 a-Moll
Franz Schubert: Nacht und Träume
Friedrich Burgmüller: Nocturne Nr. 3 C-Dur
Franz Schubert: Die Nacht
Franz Schubert: Der Leiermann
Franz Schubert: Arpeggione-Sonate a-Moll (I. Allegro moderato, II. Adagio, III. Allegretto)
Franz Schubert: Fischerweise
Franz Schubert: Meeres Stille
Friedrich Burgmüller: Nocturne Nr. 2 F-Dur
Franz Schubert: Romanze aus „Rosamunde“
Friedrich Burgmüller: Nocturne Nr. 1 a-Moll