Euphoria – Emil Bulls im Backstage Werk (Bericht)

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Dass das Feuer kommt, davon war beim Einlass am Samstag, 9. Dezember 2017, noch nichts zu sehen. Immerhin war das Backstage so gnädig und hat die Fans bereits 30 Minuten früher in die heiligen Hallen des Werks gelassen. Eine perfekte Möglichkeit also, für alle Die-Hard-Vertreter der heutigen Band die ersten Reihen zu sichern; und die sollte es in ihrer Heimatstadt zu genüge geben, denn niemand geringeres als Emil Bulls besuchten das ausverkaufte Backstage Werk, um ihr neuestes Album „Kill Your Demons“ live vorzustellen. Als Support dabei sind Grizzly und die spontan für die erkrankten Vitja eingesprungenen Lonely Spring. Ein aufregender Abend irgendwo zwischen dem Teufel und dem tiefen, blauen Meer sollte also bevorstehen.

Bereits vor dem offiziellen Start, gegen 19:45 Uhr, entern Lonely Spring die Bühne und laden das Publikum ein, bei einem für die Musikrichtung fast schon etwas stereotypischen Electro-Intro mitzumachen. Die erste Aufmerksamkeit bekommen die Musiker aber erst dann, als sie selbst zu den Instrumenten greifen und ihren Opener „Who Am I“ starten. Anfängliche Soundschwierigkeiten sind schnell behoben und so kann man problemlos der wirklich starken Frontstimme lauschen, die definitiv den Großteil der sonst zwar soliden, aber nicht besonders einzigarten Musik, ausmacht, denn Sänger Julian Fuchs weiß sowohl im Klargesang als auch im (sehr hohen) gutturalen Bereich wirklich zu überzeugen. Allgemein gelingt es der Band, trotz der frühen Spielzeit, bei ihrem Song „G.R.E.A.T.“ das Publikum tatsächlich recht lautstark zum Mitsingen zu bewegen – das sollte reichlich für den wirklich starken Auftritt sprechen, der nach einer guten halben Stunden ein Ende findet.

Setlist: Who Am I / Beta 2.0 / The Architects Of My Fate / Black & Yellow / G.R.E.A.T. / Hopeful Dreams & Other Illusions

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Der zweite Support-Act ging an die Heavy Pop Punker von Grizzly. Diese entern pünktlich um 20:30 Uhr die Bühne und starten mit einem – was für eine Überraschung – Electro-Intro. Ein klarer Blickfang ist sofort der Clean-Sänger, denn so viele Mode-Fauxpas wie dieser auf einmal trägt, ist wohl eine absolute Seltenheit. Dabei ist genau diese Kleinigkeit, genauso wie die Performance, eine Sache, die die Band wahnsinnig sympathisch und motiviert wirken lässt, was man bedauerlicherweise von der Musik nicht behaupten kann. Diese könnte nicht austauschbarer sein und klingt wie jede andere Pop Punk-Nummer, die mit Hardcore-Elementen bemustert ist, was letztendlich wohl auch dazu führt, dass das Publikum nur sehr verhalten mitmacht (dennoch gibt es natürlich den kleinen Pit mit den Grizzly-Fans). Rund 35 Minuten dauert der Auftritt, bevor mit „Something In Between“ der letzte Song verklingt und die Jungs von der Bühne geklatscht werden. Auch wenn die Performance einwandfrei und mitreißend ist, besteht musikalisch noch ordentlich Luft nach oben.

Setlist: I Try To Grow / We Stop At Nothing / 1 Up / Close At Heart / Home / Til Sunrise / Every / Somewhere In Between

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Trotz der gefühlt ewigen Zeit, die der fast schon obligatorisch aufgezogene Vorhang vor der Bühne hängt, geht das Licht um 21:30 Uhr endlich aus und das Intro der Emil Bulls ertönt. Spätestens als der Vorhang zum Refrain zu „Kill Your Demons“ aber fällt, ist die Menge nicht mehr zum Halten und beginnt, wild umherzuspringen und zu moshen. Durchgehend. Ohne Unterbrechung. Zwei Stunden. Bei jedem Lied. Es ist einfach unfassbar. Egal, wie sehr die Band abgeht und alles gibt, die Besucher im unteren Arena-Bereich bewegen sich, mit Ausnahme der ersten und letzten beiden Reihen, andauernd und mit voller Kraft, wobei es fast schon zur Ungläubigkeit wechselt, als bei „Here Comes The Fire“ der ganze Pulk noch mehr herumspringt. Zusammenfassend lässt sich über das Publikum definitiv sagen, dass man im Backstage Werk lange nicht mehr so eine bewegungsfreudige Masse hatte und die Bulls sich glücklich schätzen können, so durchgehend motivierte Fans zu haben (was sie auch mehrfach betonen).

Dabei wäre diese unfassbare Stimmung der unsagbar vollen Halle nicht möglich, wenn die Musiker an diesen Samstagabend nicht so richtig Lust haben, ihre Setlist so bombastisch wie auf der ganzen Tour noch nicht geschehen, darzubieten. Logisch, denn sowohl Tourabschluss als auch Heimspiel muss man, wie immer, seinen Tribut zollen und das machen die Bulls gebührend mit ihrer umfangreichen Setlist, die sogar Schmankerl wie „All In Tune With The Universe“ beinhaltet, was man schon einige Jahre nicht mehr hören konnte. Auch vom neuen Album gibt es einen wilden Mix, denn neben den Singles wie „The Ninth Wave“ und Brechern wie „Mt. Madness“ werden die sonst eher live vernachlässigten punkigeren Stücke wie „Levels And Scales“ und „Euphoria“ gespielt. Der Menge gefällt die Abwechslung, wobei an diesem Abend tatsächlich eher die härtere Schiene gefahren wird, sehr zur Freude der heabangfreudigen Münchner.

Wenn man wie die Emil Bulls bereits 23 Jahre Bandgeschichte auf den Buckel hat, könnte man meinen, dass das Interesse irgendwann nachlässt, aber die Jungs sind wohl das Paradebeispiel dafür, dass es auch weiterhin immer nur steigen kann und die Kreativität beim Songwriting gefühlt niemals verfliegt. Da nimmt man dann auch gerne die teilweise wirklich langen Ansagen von Frontmann Christoph von Freydorf in Kauf, auch wenn man seit fünf Minuten für die „Wall Of Death“ bereitsteht.
Ein besonderes Highlight konnte man noch in der Zugabe erwarten: das „Take On Me“-Cover von a-ha. Vor 16 Jahren erschienen und ewige Jahre in der Versenkung verschwunden, holen es die Münchner jährlich einmal für ihr München-Abschlusskonzert wieder aus der staubigen Liederkiste hervor – das darf gerne beibehalten werden! Ansonsten endet das Konzert mit dem obligatorischen „Worlds Apart“ nach satten zwei Stunden, während fast die gesamte Besuchermenge auf die Bühne strömt, die wohl noch nie voller gewesen sein dürfte – ein würdiger Tour-Abschluss.

Setlist: Kill Your Demons / The Ninth Wave / The Most Evil Spell / The Way Of The Warrior / Not Tonight Josephine / Levels And Scales / Mt. Madness / Here Comes The Fire / Euphoria / Smells Like Rock’n’Roll / All In Tune With The Universe / Nothing In This World / Rainbows And Butterflies / The Jaws Of Oblivion / When God Was Sleeping / Between The Devil And The Deep Blue SeaZugaben 1: Winterblood (The Sequel) / Hearteater / The Age Of RevolutionZugaben 2: Pants Down / Take On Me (a-ha Cover) / Man Or Mouse / Worlds Apart

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Fazit: Es mag sein, dass es einfach ist, die Emil Bulls in München einmal gesehen zu haben, aber auch bei massigen Konzerten, die man von den Metallern kennt, dürft dieses hier das beste gewesen sein. Glasklarer, drückender Sound, eine wahnsinnig motivierte Band und eine noch motiviertere, bewegungsfreudige Zuschauermenge. Während die Toten Hosen sich selbst mit der Frage besingen, wie viel Jahre das noch weitergehen solle, lässt sich das bei den Bulls sehr einfach beantworten: noch sehr viele!

Bericht: Ludwig Stadler

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