Vastness and Sorrow – Wolves in the Throne Room im Backstage (Bericht)

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Als Thronsaal lässt sich die Backstage Halle nun wirklich nicht bezeichnen. Aber immer wieder als goldrichtiger Austragungsort für Black-Metal-Konzerte; groß genug für eine gewisse feierliche Spannung und starken Sound, klein, dunkel und höhlenartig genug, für das Zustandekommen von Stimmung und Intimität.

Beste lokale Bedingungen also für Wolves in the Throne Room, die heute endlich, nach zweimaliger Verschiebung ihr längst angekündigtes Konzert in München spielen. Das Album, welches die stilprägende amerikanische Black-Metal-Band auf ihrer Europatournee ursprünglich vorstellen wollten, »Primordial Arcana« genannt, ist inzwischen zwei Jahre alt. Ausverkauft ist die Halle trotz des mehrfach neu angesetzten Vorverkaufs zwar nicht, aber doch gut gefüllt, als pünktlich um 20 Uhr die Support-Band E-L-R vor dem noch vakanten, mächtig aufgebockten Schlagzeug der Wolves Stellung beziehen. Das zu einem früheren Zeitpunkt als Support angekündigte Dark Folk-Projekt Aerial Ruin kam nun offenbar doch nicht mit auf die Reise. E-L-R zumindest haben es von München aus deutlich weniger weit nach Hause als die Gebrüder Weaver, das Kernduo von WITTR. E-L-R kommen aus Bern; das Trio spielt in der Hauptsache instrumentalen Post-Metal, der mal mehr in Richtung Black/Sludge, mal mehr in Richtung Stoner Doom mäandert. Zwar greifen die beiden frontalen Frauen, Isabelle Ryser am Bass und Selina Muth an der Gitarre auch mal zum Mikrophon, dies aber meist in atmosphärisch-supportiver, wenig beherzter und obendrein in der Abmischung völlig unterrepräsentierter Weise. Nicht nur optisch vermittelt die Band den Eindruck, dass in ihrer Mitte eine bündelnde Präsenz fehlt, sondern auch klanglich: Mitunter könnte man meinen, eine Karaoke-Version von Amenra vor sich zu haben. Vor allem in der zweiten Hälfte ihres 45-minütigen Sets entfaltet das langsam getaktete in melodischen Riffs ausgesponnene Zusammenspiel der drei Instrumentalist*innen aber eine durchaus hypnotische Eigenwirkung; mit herzlichem Applaus wird die Band verabschiedet.

Sie brachen mit den Stereotypen ihres Genres, ließen weiße Schminke, edgy Stage Names und den lieben Satan zu Hause und brachen auf in die Wälder. Ihr Debüt »Diadem of 12 Stars« erregte Aufsehen, mit »Two Hunters« gelang ihnen ein Klassiker, Aushängeschild und Blaupause für das Subgenre genannt Atmospheric Black Metal. Stilprägend und vielfach kopiert sind nicht nur ihre wie Nebel, Sturm und Regen über Wipfel hinziehenden, majestätisch-melancholischen Songs, sondern auch die naturverbundene Ästhetik ihrer Selbstdarstellung. Auf mittlerweile sieben Alben und ein mehr als 20-jähriges Bestehen können WITTR zurückblicken; im Rahmen einer etwas untypischen Kombination waren sie in München noch vor der Pandemie im Vorprogramm von Behemoth und At the Gates zu hören. Obwohl sie auf ihren Alben regelmäßig und in Erweiterung des Tremolo-Gitarrensounds schwellende Synthesizer zum Einsatz bringen, haben WITTR auf dieser Tour keinen designierten Tastenhauer dabei. Stattdessen betätigt sich neben den beiden Brüdern (Aaron Weaver an den Drums und Nathan Weaver zentral an der Gitarre) Galen Baudhuin am Bass und Kody Keyworth an der Gitarre. Nach einiger Nachjustage ergibt sich daraus denn auch ein ansprechendes Klangbild. Wie immer setzen WITTR auf schummrige Beleuchtung, Räucherwerk, Einspielungen von Naturgeräuschen. Und meistens geht dieses Rezept auf. Während die Temperatur in der Halle beständig steigt, keift sich Nathan Weaver durch eine Setlist, die zum Großteil aus älteren Songs besteht; nach zwei Stücken aus dem aktuellen Album, von denen vor allem »Spirit of Lightning« überzeugt, geht man über zu »Angrboda« (von »Thrice Woven«) und »Prayer of Transformation« (von »Celestial Lineage«). Zum Abschluss gibt es die beiden wohl berühmtesten Stücke der Band, »Vastness and Sorrow« und »I Will Lay Down My Bones Among the Rocks and Roots«, sehr zur Freude der anwesenden Fans. Mehr Songs gibt es nicht, doch bei der standardmäßigen, mehr als zehnminütigen Länge von WITTR-Stücken ist das wenig verwunderlich. Zwar ist die Spielzeit mit einer Stunde, fünfzehn Minuten nicht gerade reichlich bemessen, doch in Anbetracht der repetitiven, meditativen Natur der Musik und des fortgeschrittenen Abends ist weniger hier vielleicht mehr.

Dass sie ›es noch haben‹, haben Wolves in the Throne Room eindrucksvoll unter Beweis gestellt; und von diesem ›es‹ haben die Zuhörer*innen vielleicht etwas abgekommen: Ein kühles Wehen von Vastness and Sorrow durch das Getriebe des All- und Werktags.

Setlist: Mountain Magick / Spirit of Lightning / Angrboda / Prayer of Transformation / Vastness and Sorrow / I Will Lay Down My Bones Among the Rocks and Roots

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