Never Enough – Turnstile im Zenith (Bericht)
Sie sind fraglos die Hardcore-Band der Stunde: Turnstile. Kaum eine Band aus dem Genre schafft den Sprung auf die große Bühne und kann zudem den erspielten Status als Band voller Eskalation und Motivation erhalten. Schon das 2021er-Album „GLOW ON“ hat sie auf die internationale Bühne gehoben, aber spätestens mit dem neuesten Werk „NEVER ENOUGH“ haben sie sich endgültig etabliert. Passend dazu geht es auf ausgedehnte Europa-Tour, die am 18. November 2025 auch im Zenith München stoppt. Mit dabei haben sie The Garden und High Vis, aber die Stimmung in der Halle ist deutlich: Alle warten auf die amerikanischen Hardcore-Shootingstars.

High Vis starten bereits um 19 Uhr und bringen das Münchner Publikum beachtlich in Stimmung für den Abend. Das Zenith ist gut gefüllt, und im vorderen Bereich wird auf einen Wellenbrecher verzichtet. Langsam lässt sich bereits erahnen, welcher Hexenkessel sich hier später noch zusammenbrauen wird. Bei The Garden ist davon aber noch nichts zu spüren. Das Duo aus Amerika startet mit Rap, der nur mit skeptischen Blicken bedacht wird, bevor sie an die Instrumente wechseln und mit Drums und Gitarre ihren experimentellen Rock-Stil zwischen Hardcore und Punk zum Besten geben. Anstandsapplaus ist das Maximum, das die Münchner*innen hier bereit sind zu geben; sowohl die Musik als auch der Auftritt sind einfach nur nervenraubend.

Was sich für eine Anspannung entlädt, wird klar, als Turnstile um 21:05 Uhr auf die Bühne schreiten und mit „Never Enough“ bedeutungsschwer, aber noch etwas zurückhaltend starten. Ihr wirklicher Hardcore-Marathon beginnt mit dem folgenden „T.L.C.“ – und dann gibt es im Zenith auch kein Halten mehr. Der fehlende Wellenbrecher sorgt für eine riesige, sich bewegende Masse, dazwischen unzählige fliegende Bierbecher und Kleidungsstücke. Mittendrin schweben Crowdsurfer in einer rasanten Geschwindigkeit Richtung Bühne. Die Band selbst setzt Akzente, aber gibt bei jedem Break alles und hüpft energisch umher. Besonders Frontmann Brendan Yates bemüht sich um Anheizen und Anstacheln, und geht dabei selbst mit bestem Beispiel voran.

Ansagen gibt es allerdings kaum. Zu Beginn bedankt sich Yates, ruft zwischendrin noch die Menge zum Eskalieren auf, aber konzentriert sich sonst auf das Singen und Springen. Zwischen den Songs pausieren die Musiker*innen gerne einmal 1-2 Minuten in Dunkelheit und Stille, wohl auch, um selbst kurz durchatmen zu können und ihre Instrumente neu zu stimmen, dramaturgisch nimmt das jedoch etwas Tempo raus. Aber es gelingt Turnstile, bereits mit dem Anfang des jeweils folgenden Songs wieder die Masse auf ihrer Seite zu haben. Bemerkenswert ist sicherlich, dass die Amerikaner ihre Wurzeln nicht vergessen haben: Neben überraschend vielen alten Liedern auf der Setlist, hüpfen auch Massen an Münchner*innen beim abschließenden „Birds“ auf die Bühne. Nicht einmal die größten Hallen und Barrieren können eine Hardcore-Show aufhalten.
Setlist: Never Enough / T.L.C. / Endless / I Care / Dull / Don’t Play / Real Thing / Drop / Light Design / Come Back For More / Fazed Out / Sunshower / 7 / Keep It Moving / Pushing Me Away / Fly Again / Sole / Seein‘ Stars / Holiday / Look Out For Me – Zugaben: Mystery / Blackout / Birds
Bericht: Ludwig Stadler
Fotos: Josefina Gerstner


