Bereits um 16 Uhr finden sich die ersten Fans vor der Tonhalle München ein. Ihr Ziel an diesem Montagnachmittag, 15. Oktober 2018: das Konzert von Three Days Grace. Die Kanadier waren zuletzt vor knapp drei Jahren in der bayerischen Landeshauptstadt, damals noch in der inzwischen abgerissenen Theaterfabrik. Nun sind sie nur wenige Meter Luftlinie weitergewandert und haben sich in der Kapazität merklich vergrößert – und das erfolgreich, denn die Show ist bereits im Vorfeld restlos ausverkauft. Der Grund dafür ist garantiert auch die Support-Band: Bad Wolves.
Bad Wolves sind es auch, die uns bereits weit vor Konzertbeginn an der Konzertlocation am Ostbahnhof vorbeisehen lassen. Anfang des Jahres veröffentlichten sie mit „Zombie“ ein Cover der Band The Cranberries. Geplant war eigentlich ein Feature mit Sängerin Dolores O’Riordan, aber leider verstarb sie, bevor sie die Gesangsspuren einsingen konnte. Im Gedenken an die Frontfrau brachten die Amerikaner das Lied dennoch heraus und kündigten bereits zu Beginn an, alle Einnahmen an die Kinder der Rock-Legende zu spenden. Dass daraus der erfolgreichste Rock-Song des Jahres 2018 werden sollte, war da noch nicht abzusehen. Diese Tatsache wurde bereits in Amerika mit einer Platin-Schallplatte geehrt, in Europa nun mit dem Impala Diamond Award für über 250.000 verkaufte Exemplare des Songs „Zombie“. Ein beachtlicher Erfolg und eine wohlverdiente Auszeichnung, die die Band sichtlich glücklich auf der Bühne empfangen hat.
Kein Wunder also, dass Bad Wolves voller Tatendrang ihr Set beginnen, als sie um 19:50 Uhr die Bühne entern. Ein wenig früher beginnen sie, um länger und ausführlicher zu spielen – zum Glück! Denn ihre wilde Mischung Djent, NuMetal und Metalcore kommt bereits ab dem ersten Ton wie eine ordentliche Ansage aus den Boxen und lässt sowohl Band als auch Publikum dementsprechend aufdrehen, wenngleich es doch die ersten drei Lieder braucht, bis die Münchner ebenso auf Betriebstemperatur kommen wie die unbeschreiblich motivierten Mannen um Frontmann Tommy Vext. Dieser grunzt sich stark durch seine gutturalen Parts, hat allerdings den Backing-Track zu seiner cleanen Stimme zu laut geschalten, sodass viel zu oft (und auch viel zu offensichtlich) das Gefühl einer gesanglichen Playback-Performance entsteht. Ärgerlich, denn nur diese Kleinigkeit hält den ansonsten unfassbar starken Auftritt davon ab, als wirklich perfekt zu gelten. Das große Finale mit „Zombie“ wird in jedem Fall von Band und Bühne mächtig gefeiert und endet sogar letztendlich in so großer Freude, dass Sänger Vext ein paar Tränen verdrücken muss. Ein starker Auftritt.
Setlist: Officer Down / Learn To Live / No Masters / Remember When / Better The Devil / Run For Your Life / Hear Me Now / Jesus Slaves / Zombie (The Cranberries Cover)
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Als kurz nach 21 Uhr die Lichter abermals erlöschen und „Livin‘ On A Prayer“ durch die Halle schallt, sind die Zeichen für den Headliner gesetzt. Three Days Grace lassen dann auch nicht mehr lange auf sich warten und beginnen mit „The Mountain“ ihr Set. Etwas matschig und leise ist der Gitarrensound zu Beginn – glücklicherweise sollte sich das im Laufe des Auftritts noch deutlich verbessern, dennoch bleiben die Lieder, in denen Frontmann Matt Walst selbst die zweite Gitarre übernimmt, einfach wesentlich wuchtiger und laden das Publikum noch einmal weit mehr zur Eskalation ein. Dieses ist sowieso wesentlich motivierter als erwartet und startet kurzerhand einen beachtlichen Moshpit, der sich bis zum Ende durchzieht. Doch, die Stimmung könnte wohl an diesem Montag in München kaum besser sein.
Größtes Interesse lag natürlich bei vielen Fans beim Sänger Walst. Wie interpretiert er die großen Hits vom Vorgänger? Kann er die Songs wie „Home“, „Never Too Late“ und „Animal I Have Become“ überhaupt genauso rüberbringen wie Adam Gontier? Und die Antwort wird sehr schnell klar: ja, kann er! Annähernd jeder Ton sitzt perfekt, auf jegliche Gesangsstützen wie bei Bad Wolves wird vollkommen verzichtet – 3DG sind eben eine Rock-Band der alten Art, die auf das vollkommene Live-Erlebnis setzen und das Wort „Live“ so nehmen, wie es eben auch gedacht ist. Dass das keine Selbstverständlichkeit mehr ist, bedrückt tatsächlich ein wenig. Umso erfreulicher, dass sich die Kanadier motiviert durch eine angenehm gemischte Setlist spielen, die weder das neue Album vernachlässigt noch die vielen alten Kracher vergisst.
Ansonsten wird eben genau das dargeboten, was man erwarten darf: eine perfekt konzipierte Show einer perfekt eingespielten Band auf perfekt professionellem Niveau. Vielleicht wäre hier und da eine persönliche Note oder Ansage noch schön gewesen, aber allein die Reaktion des euphorischen Publikums zeigt schon, dass dies wohl wirklich zweitrangig ist. Bedeutend ist, dass Three Days Grace sich mit viel Enthusiasmus und Geschwindigkeit durch ihre Historie in 85 Minuten spielen und den Abend mit „Riot“ sehr erfolgreich abschließen. Jeder Besucher dürfte zufrieden nach Hause gehen, denn dieser Konzertabend zählt fraglos zu den stärksten des Übersee-Rocks.
Setlist: The Mountain / Home / The Good Life / Pain / Infra-Red / World So Cold / You Don’t Get Me High Anymore (Phantogram Cover) / Just Like You / Love Me Or Leave Me (acoustic) / Get Out Alive (acoustic) / Painkiller / Break / Let You Down / I Hate Everything About You / Animal I Have Become – Zugaben: Never Too Late / Riot
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Bericht: Ludwig Stadler
Fotos: Jule Haer