Zum Finale der diesjährigen und endlich wieder im vollen Umfang stattfindenden Ausgabe des Tollwood Sommerfestivals wird es noch einmal richtig international in der Musik-Arena. Bevor Patti Smith am Sonntag den krönenden Abschluss gibt, beehrt niemand geringeres als Sting die Zeltlocation im Münchner Olympiapark. Nach etlichen Verschiebungen konnte die „Sting My Songs“-Tour endlich stattfinden und damit auch das bereits seit Jahren ausverkaufte Konzert des legendären „Police“-Frontmanns. Die Sonne scheint, es ist Samstag, 16. Juli 2022, das Tollwood ist belebt und voll – wie könnte es also wunderbarer sein?
Im Zelt selbst findet sich das Publikum doch recht zeitnah ein und liegt, wie zu erwarten, in den 40er-, 50er- oder 60er-Jahren, selten darunter. Die Lieder des britischen Amerikaners sind zwar immer noch in aller Munde, aber niemals auf die jüngeren Generationen so recht übergeschlagen. Den Beginn macht um 19:00 Uhr aber erst einmal Joe Sumner, der älteste Sohn von Gordon Sumner, wie Sting mit bürgerlichem Namen heißt. Bepackt mit einer Akustik-Gitarre, bietet er Solo-Stücke, aber auch Werke seiner Band „Fiction Plane“ dar. Gesanglich und auch teils songwriterisch kommt er ganz nach seinem Vater – in den Höhen überzeugt er vollends, die Lieder sind eingängig, mitreißend, nur etwas poppiger als die Werke, die später noch folgen sollten. Doch die quirlige und sympathische Art des Musikers reißt vollends mit, animiert sogar zu ersten Mitgesängen und weiß mit Songs wie „Hope“ und „Two Sisters“ absolut zu fesseln. Was für ein toller Support-Act!
Setlist: Looking For Me, Looking For You / Don’t Change The Love / See You Again / You, You, You / You’re Gonna Live / Drink / Two Sisters / Hope / Jellybean
Dadurch, dass die Umbauzeit äußerst minimalistisch ist, lässt auch Sting seine Fans nicht bis in alle Ewigkeit warten, sondern betrifft bereits um 19:50 Uhr die Bühne zu den Klängen von „Message In A Bottle“, auf den ohne Unterlass „Englishman in New York“ folgt – und spätestens da ist die Devise des Abends klar: Hits, Hits, Hits. Darauf kann er allemal zurückblicken – einerseits mit seiner Band The Police, andererseits auch im Laufe seiner jahrzehntelangen Solo-Karriere. Am Ende ergänzt sich das auch ganz gut, denn ruhige und emotionale Songs wie „Fields Of Gold“ und „Shape Of My Heart“ verknüpfen sich so gut mit den fetzigeren „So Lonely“ und „Roxanne“ der Police-Zeit. Mal gibt es gebündelt Songs aus der einen, dann der anderen Phase des Künstlers. Ausnahmen bilden aus dem Hit-Gewitter nur „Rushing Water“ und „If It’s Love“, die aus Stings neuestem Werk „The Bridge“ stammen und natürlich nicht auf ihre eigene Tour warten, sondern ins Best-Of-Programm reinrutschen.
Beachtlich ist die Kondition des Briten – auch mit 70 Jahren ist er stimmlich in absolut perfekter Verfassung, singt die hohen Gesangsspuren weiterhin problemlos und spielt sich routiniert, aber motiviert durch seine Diskografie. Ein Blick auf Stings Tourplan verrät aber auch, dass er gefühlt ganz Europa abspielt und ein wirklich sehr hohes Konzertpensum hat – und dementsprechend fallen die kindliche Freude über das Spielen oder lange, personalisierte Ansagen gering aus. Das ist bei so vielen Jahren auf der Bühne, trotz Zwangspause in der vergangenen Zeit, aber auch legitim und letztendlich sind die Münchner*innen auch nur dafür da, die legendäre Musik zu hören. Die gibt es, 16 Stück an der Zahl, zwei Zugaben zusätzlich, bevor mit „Fragile“ der Abend um 21:20 Uhr relativ früh endet, aber mit 90 Minuten komprimierter Spielzeit und eigentlich allen Songs, die man so erwarten kann, dürfte niemand unzufrieden die Musik-Arena verlassen. Sting kann es noch, seine fantastische Begleit-Band tut ihr Übriges und so bleibt ein Konzert voller Klassiker, auf dass es sich fraglos gelohnt hat, einige Jahre zu warten.
Setlist: Message In A Bottle / Englishman In New York / Every Little Thing She Does Is Magic / If You Love Somebody Set Them Free / If It’s Love / Rushing Water / If I Ever Lose My Faith In You / Fields Of Gold / Brand New Day / Shape Of My Heart / Wrapped Around Your Finger / Walking On The Moon / So Lonely / Desert Rose / King Of Pain / Every Breath You Take – Zugaben: Roxanne / Fragile
Bericht: Ludwig Stadler