Was ging es nicht schon rund in der Karriere von Serum 114? Angefangen als kleine Punk-Band, die gefühlt jeden einzelnen Tag auf der Bühne stand und dabei im Jahr 2008 rund 120 Konzert spielte – das Jahr, in dem das selbstbetitelte Debüt erschien, auch heute noch eines der treibendsten Deutschpunk-Alben, die jemals veröffentlicht wurden. Vier Platten später stehen die Jungs nun mit eigenem Label wieder auf der Bühne und kehretn im Rahmen ihrer „Wir leben“-Tour auch zurück nach München, nämlich am 8. Dezember ins Technikum.
Zuletzt waren die Frankfurter Punkrocker 2016 hier, ebenfalls im Technikum. Damals war es solide gefüllt, das ist heute nicht anders – zufriedene und erwartungsvolle Hörer, gespannte Gesichter. Den Abend selbst eröffnen Zaunpfahl, die es dieses Jahr bereits zum 24-jährigen Bandbestehen bringen. Leider ist uns der tobende Sturm nicht wohlgesonnen, weshalb wir die Herren leider verpasst haben – ein Baumstammm hat sich auf die Gleise geschmissen. Aber mit so einer jahrzehntelangen Erfahrung sind wir zuversichtlich, dass ihr Set den Serum-Fans dementsprechend eingeheizt hat.
Serum 114 selbst starten um 21:05 Uhr, „114“, die bandeigenen Hymne, fungiert als Eröffnungsschuss. Mit immensem Tatendrang und riesiger Spielfreude gehen die Mannen ans Werk und strahlen ab dem ersten Ton pure Begeisterung über die Tatsache aus, wieder auf der Bühne zu stehen – allein dieses Gefühl nach so vielen Auftritten und über 12 Jahren im Musik-Business zu vermitteln, lässt den Auftritt wohl kaum besser starten. Frontmann Esche singt sich die Seele aus dem Leib, Schlagzeuger Nils trommelt selbst bei anfänglichen Umbauarbeiten schon wild und auch die restlichen Musiker überzeugen in Performance und Bühnenpräsenz. Was soll man denn bitte auch sonst zu einer recht glatten (ignoriert man mal den Aufhänger im C-Part bei „Du bist zu fett“, eines ihrer ältesten Lieder), aber dennoch immens starken (Punk)Rock-Performance sagen?
Ob Serum inzwischen tatsächlich noch so richtig dem Punk frönen und nicht letztendlich inzwischen nur noch schlichter Rock geworden sind, ist wohl weiterhin eine Streitfrage. Auf dem Konzertfrage gelingt ihnen ein schöner Querschnitt, dieses Mal aber ganz speziell auf die ersten beiden Alben zugeschnitten. Allein von den ersten sieben Liedern sind ganze fünf (!) Stücke dem ersten Album entnommen. Auch sonst ist von allem was dabei, sei es mit der liedgewordenen Ansage „Ich bin so“ (bei dem sich tatsächlich eine Gruppe Kumpels in einem Kreis zusammenstellt und unter Tränen ihre Freundschaft beschwört) oder doch dem neueren „Wilde Zeit“, der zeitweise recht kontinuierlich auf DMAX lief und die Band wieder ordentlich ins Rampenlicht rückte. Selbst „Alphatier“ vom Debüt schafft es in die Setlist – so gelingt ihnen eine gute Mischung, die sich deutlich und äußerst positiv vom 2016er-Konzert abhebt. Allgemein wirkt alles frischer, energischer und wesentlich neuer (trotz der alten Songs) als vor zwei Jahren – man kann nur hoffen, dass Serum 114 diesen Esprit beibehalten.
Setlist: 114 / Ich lebe / Sorgenkind / Durch diese Augen / Du bist zu fett / Ich bin so / Alphatier / Brüllen, zertrümmern und weg / Immer weiter gehen / Kopfüber ins Nichts / Unzerbrechlich (Esche Cover) / Illegale Fans (Deichkind Cover) / Dummer Junge / Lass uns Feinde sein / Wilde Zeit / Die Stadt, die wir lieben / Wenn wir Abschied nehmen – Zugaben: Junge, dein Leben / Verlieren heißt (Acoustic) / Hängt sie höher / Killing In The Name Of (Rage Against The Machine Cover) / Ich mag dich nicht / Viel zu lange hier
Bericht: Ludwig Stadler