Was tun, wenn man sich deprimiert und unverstanden fühlt, wenn die Weltherrschaft mal wieder in weite Ferne gerückt ist, wenn das einzige, worüber man noch Chancen hat, zu triumphieren, der Bund der Skinny Jeans ist – dann auf nach St. Helena! Auf den Spuren Napoleons ins (freiwillige) Get-Low-Exil, in Vorbereitung auf ewigen Nachruhm (oder zumindest tinnitalen Hochton).
Auf nach St. Helena! Und dafür muss man nicht mal in den Südatlantik fliegen, sondern nur am 16. Juni die U5 oder S7 zum Heimeranplatz nehmen und dann ein paar Schritte zu Fuß gehen, Ziel: Feierwerk. Denn dort findet zum mittlerweile achten Mal das Saint Helena Festival statt, das auch dieses Jahr mit einem ordentlichen Line-Up zwischen Funeral Doom, Black Metal und Hardcore aufwarten kann.
Der größte (und einzige überseeische) Name auf dem Billing ist Converge. Die New-School-Hardcore-Truppe aus Boston hat nur noch zwei Jahre bis zum 30. Jubiläum. Zum alten Eisen will die Band jedoch sicher nicht gezählt werden: Mit ihrem letztjährig veröffentlichten Album „The Dusk in Us“ demonstrierten Converge, dass sie keineswegs auf ihr Klassikeralbum „Jane Doe“ angewiesen sind, um Interesse und Lob zu gewinnen.
Die Band mit dem Google-resistenen Namen The Secret ist eine der drei italienischen Kapellen, die das diesjährige Saint Helena beehren und bestimmt eine seiner brutalsten Hausnummern. Black Metal, Grindcore, Crust: Auf den furor Etruscorum sei man vorbereitet und gespannt!
Mit uneindeutigen Suchmaschinenergebnissen haben Dark Buddha Rising wohl nichts am Hut. Ihr Name mag jedoch auf andere Weise irreführend sein: Wer hier eine halb-ernsthafte Stonergruppe erwartet, geht fehl. Die Finnen entfalten in ihren überlangen Kompositionen nämlich keineswegs psychedelische Fliegeteppiche, sondern eine dröhnende, walzende, kalte Wüst-Land-Atmosphäre.
Wem das alles zu lange dauert, zu wenig Melodie und Gesang beinhaltet, der fühlt sich vielleicht bei Sangre De Muerdago besser aufgehoben. Die Neofolker aus Spanien sind die (klanglichen) Außenseiter des Saint Helena, die in ihre Musik einiges an Tradition aus ihrem Heimatland einfließen lassen.
Das multinationale Trio Implore stellt im Gegensatz zu Sangre De Muerdago das andere Extrem des Nachmittags/Abends (Einlass: 14 Uhr) dar: Death Metal, Grindcore, Crust hats geschlagen – der Moment, wenn das Headbangen zum überfordert aber beglückten Hilti-Kopfnicken wird, er wird kommen…
Derartiges muss man bei Fuoco Fatuo nicht befürchten: Die Italiener ergehen sich in breiter Slow Motion-Düsternis, genannt Funeral Doom. Ihr voriges Jahr erschienenes zweites Album „Blackwater“ ist (auch unabhängig von ihrem Saint Helena-Auftritt) wärmstens zu empfehlen.
Mit Wärme haben Kringa aus Linz nichts zu tun. Nicht umsonst ziert das Cover ihres neuesten Albums eine nackte schwarze Felsenszenerie. Kringa spielen destruktiv-andachtsvollen, sich der grimmen Kraft von Primitivität und LoFi-Sound bedienenden Black Metal, der Spannung weckt, wie die Band sich live präsentieren wird.
Die Stoner-/Doom-Truppe Obelyskkh kommt aus Nürnberg und beschwört mit ihren „Hymns to Pan“ dionysische Geister zum rauschhaften Klingentanz.
Eigentlich sollten Cranial schon letztes Jahr auf dem Saint Helena auftreten (dann wäre zusammen mit Phantom Winter fast die gesamte Filialgeneration von Omega Massif anwesend gewesen), mussten aber kurzfristig absagen. Am 16. Juni kann die schwarze Sludge-/Doom-Band nun alles nachholen: Dampfwalzen-Songs, Sonnenfinsternis und schließlich die Erleuchtung – darauf hoffen darf man ja, selbst auf Saint Helena.
Und sich vorfreuen gleichermaßen. Wer noch nicht glücklicher Ticketbesitzer ist, der kann ein solches hier oder hier oder vor Ort bei einem Feierwerk-Konzert kaufen.
Schreibe einen Kommentar