Zwei Jahre ist es her, dass die erste Maßnahme zur Eindämmung des Corona-Virus in Kraft trat – das Verbot von Veranstaltungen über 1000 Personen. Exakt zwei Jahre später, am 11. März 2022, findet nun mit Rainhard Fendrich das erste Konzert in der Olympiahalle seit fast so langer Zeit statt – Ausnahme war das letztjährige Gastspiel von Roland Kaiser im September. Fendrich musste bereits mehrfach verschoben werden, dennoch kam der Großteil der rund 5500 Besucher*innen am Freitagabend in den Olympiapark und strotzt dem tragischen Geschehen von Krieg bis Spritpreiswucher. Stattdessen steht auf dem Plan: Austropop, ironische Anekdoten, aber auch deutliche politische Aussagen.
2G-Regel und dauerhafte FFP2-Maskenpflicht sprechen zwar nicht gerade für einen ausgelassenen Konzertabend, stören aber am Ende reichlich wenig – die Belüftung ist gut, bestuhlt ist es sowieso und mit einem Getränk am Platz bleibt es entspannt. Pünktlich um 20 Uhr dann: das Saallicht geht aus, zum ersten Mal seit knapp einem halben Jahr. Rainhard Fendrich und seine Band starten direkt mit „Rock’n’Roll Band“ aus dem neuesten Album „Starkregen“, wie sich auch die Tour nennt – und die Spielfreude ist ab dem Anfang sichtbar. Zwar muss sich der Sound erst in den ersten Liedern einpendeln, findet aber bald die richtige Balance und untermauert die zunehmend stärker werdenden Melodien bestens. Auf große Projektionen und Bühnenshow wird verzichtet: etwas Lichtspielereien, links und rechts ein vergrößertes Kamerabild des Frontmanns. Ansonsten bleibt es pur: Live-Musik, so sehr wie es nur geht. Und das funktioniert bestens.
Erst nach rund 2,5 Stunden, einschließlich einer Pause, entlässt der österreichische Liedermacher das ausgehungerte Münchner Publikum. Dieses wiederum ist anfangs noch etwas verhalten, klatscht zwar höflich, braucht aber lange für merkliche Begeisterung und steht erst zur Zugabe von den Plätzen auf. Einzig eine kleine Gruppe angeschickerter Damen sorgen für dauerhafte Jubelschreie, die gerne mal die gesamte Olympiahalle erfüllen – wohl auch, da sie mitten in den Ansagen lostönen. Fendrich bleibt aber höchst professionell, erzählt seine offensichtlich zurechtgelegten Geschichten und führt charismatisch durch den Abend. Das hinterlässt zwar ein schönes Konzept, eine durchdachte Setlist und amüsante Momente – was fehlt, ist aber die Individualität. Keine Anekdote zu München, einzig am Anfang kurz die Erwähnung, auch nicht von der ihm sicherlich bewussten Tatsache, eines der Touren zu sein, die wieder durch die deutschsprachigen Ländereien zieht. Hier wäre eine persönlichere Note schön gewesen.
Das ist aber Meckern auf höchstem Niveau, denn Rainhard Fendrich und seine Band bieten der größten Münchner Konzerthalle einen musikalischen Einstand nach der Dürre, der sich gewaschen hat: von Pop zu Schlager, von Soul zu leichtem Rock, dann gibt es plötzlich Klänge, die an Buena Vista Social Club erinnern, und im ersten Zugabenblock werden ein paar alte Gassenhauer solo in akustischer Form dargeboten. Die Hits, für die das Publikum wohl auch seit teils zwei Jahren die Karten besitzt, werden natürlich auch gespielt – „Macho Macho“, „I Am From Austria“, „Weus’d a Herz hast wia a Bergwerk“ und viele mehr. Den Abschluss macht, situationsgebunden, sein Klassiker „Frieden“ und schließt ruhig und nachdenklich einen überraschend mitreißenden und wunderschönen Konzertabend ab. Live-Konzerte kämpfen sich langsam den Weg zurück durch die letzten Pandemie-Maßnahmen – Rainhard Fendrich war dafür ein wunderbarer Startschuss.
Setlist Akt 1: Rock’n’Roll Band / Haben Sie Wien schon bei Nacht geseh’n / Vui schöner is des G’fühl / Die, die wandern / Schickeria / Bussi Bussi / Tango Korrupti / Heiße Luft / Hinter’m Tellerrand / Schwarzoderweiß / Tränen trocknen schnell / Die Geisterbahn / Sag ma net es gibt kan Teufel
Setlist Akt 2: Mein Leben / Kein schöner Land / Wenn du was willst / Social Media Zombie / Frieda / Nur die Liebe / Midlife Crisis / Es lebe der Sport / Blond / Für immer a Wiener – Zugaben 1: Macho Macho / Oben ohne / Zweierbeziehung / Strada del sole – Zugaben 2: I Am From Austria / Weus’d a Herz hast wia a Bergwerk / Frieden
Bericht: Ludwig Stadler