Konzerte,  Pop & Crossover

Musikalische Zeitreise – Postmodern Jukebox im Circus Krone (Bericht)

Musik besitzt eine besondere Magie: Sie vermag es, uns in Bruchteilen von Sekunden in andere Zeiten zu versetzen. Schon wenige Takte reichen aus, und wir finden uns plötzlich im glamourösen New York der 1920er Jahre wieder, spazieren neben Stevie Wonder durch die 70er oder spüren den elektrisierenden Puls des Rock’n’Roll à la Elvis Presley. Die amerikanische Musikgruppe Scott Bradlee’s Postmodern Jukebox hat sich genau dieser zeitlosen Faszination verschrieben. Mit ihren mitreißenden Live-Shows lädt sie das Publikum zu einer musikalischen Zeitreise ein – quer durch die Jahrzehnte, passend inszeniert und mit einer gehörigen Portion Nostalgie. Am 6. Oktober waren sie im Circus-Krone-Bau zu Gast.

Postmodern Jukebox – oder kurz PMJ, wie sich die Band selbst nennt schreibt keine eigenen Songs. Stattdessen widmen sich die Musikerinnen und Musiker einem ganz besonderen Kunstgriff: Sie nehmen bekannte Hits der modernen Popmusik und verpassen ihnen ein vollkommen neues Gewand.
Mit raffinierten Arrangements, jazzigem Big-Band-Flair oder im mitreißenden Swing-Stil verwandeln sie Chart-Hits in stilvolle Hommagen vergangener Musik-Epochen. Mit dabei sind beispielsweise Bad Habits von Ed Sheeran, Creep von Radiohead oder auch All About That Bass von Meghan Trainor. Oft ist das Original kaum noch auf Anhieb zu erkennen, so eigenständig, charmant und kreativ sind die Interpretationen von PMJ.

© Nicole Schön

Auf ihrer derzeitigen Tour sind sie als neunköpfiges Ensemble unterwegs. Für die Swing- und Jazz-Musik unerlässlich: Klavier, Bass, Schlagzeug und Brass-Sektion. Letztere besteht dabei aus Saxofon und Posaune – eine Trompete vermisst man leider schmerzlich. Dazu kommen noch drei Sängerinnen und ein Sänger/Moderator. Gesanglich lässt die Qualität wirklich nicht zu Wünschen übrig. Die drei Sängerinnen brillieren auf unterschiedliche Arten und Weisen – eine eher soulig, eine brilliert mit kräftiger Stimme in anspruchsvollen Balladen und die dritte zaubert mit fantastischem Spiel am Banjo eine locker-lustige Stimmung.

Doch Musik allein scheint an diesem Abend nicht im Mittelpunkt zu stehen. Für die drei Sängerinnen wird die Show zur glitzernden Modenschau – zu beinahe jedem Song wechseln sie ihre Garderobe. Von Samt über Pailletten bis hin zum eleganten Anzug ist modisch alles geboten. Ob diese opulente Kostümvielfalt tatsächlich nötig ist oder eher von der Musik ablenkt, bleibt Geschmacksache. Auch der Moderator – ganz im Elvis-Stil – wirkt mit seinem überzeichneten Auftreten eher weniger wie ein echter Gastgeber, der das Publikum persönlich mitnimmt. Man hat stellenweise das Gefühl, einer perfekt inszenierten Revue beizuwohnen, bei der wenig dem Zufall überlassen bleibt. Alles ist durchchoreographiert, das Lächeln sitzt – doch echte Spontanität sucht man vergeblich. Dabei macht doch gerade diese den Charakter von Jazz-Musik aus. PMJ zeigt sich in ihrer Live-Show eher amerikanisch überzeichnet: glänzend, laut und mit viel Aufwand in Szene gesetzt.

Ein überraschendes musikalisches Highlight gibt es an diesem Abend dann aber doch noch: Der Schlagzeuger begeistert das Publikum mit einer überraschenden Einlage auf einem liebevoll zusammengebauten Percussion-Waschbrett – virtuos, humorvoll und mit spürbarer Spielfreude. Mit seinem augenzwinkernden Auftritt durchbricht er die makellose Fassade der Show für einen Moment und sorgt für echte Herzlichkeit auf der Bühne. Man wünscht sich mehr davon – mehr von diesen charmant improvisierten Momenten, in denen die Musik sich frei entfalten darf und Raum für Spontaneität entsteht. Denn so sehr Perfektion beeindrucken mag: Es ist oft gerade das Ungeplante, das im Gedächtnis bleibt. Die Musik vergangener Jahrzehnte lebte schließlich nicht nur vom Stil, sondern vor allem vom Mut zum Experiment. Vielleicht liegt genau darin noch Potenzial für zukünftige Shows von Scott Bradlee’s Postmodern Jukebox.

Bericht: Rebecca Raitz

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