Pantera gelten als eine der größten und einflussreichsten Bands des Heavy Metal. Nach dem Tod von Dimebag Darrell schien eine Reunion schon mehr als unrealistisch, mit dem Tod seines Bruders Vinnie Paul vor etwa einem Jahr war klar, dass es die Band so nie wieder geben wird. Die übrigen Mitglieder sind Bassist Rex Brown und Frontmann Phil Anselmo, die jeweils diverse Solo-Projekte verfolgen. Während Rex Brown milde gesagt ein absoluter Flopp war, konnte sich Phil Anselmo mit Superjoint Ritual, Down und jetzt Philip H. Anselmo & The Illegals in der düsteren Musikbranche halten. Mit seinen Illegals war er vergangenen Mittwoch, den 3. Juli 2019, in der Backstage Halle in München zu Gast.
Beim Tourfinale in München geht es vor dem Konzert eher wenig zu, denn zum angekündigten Beginn ist die Halle nicht einmal sporadisch gefüllt. Glücklicherweise beginnen Phil Anselmo und seine Recken erst eine halbe Stunde später und mit den ersten Tönen füllt sich auch die Halle deutlich. Vielleicht wollte sich mit der Verspätung der ein oder andere die erste halbe Stunde des Konzertes ersparen, denn diese besteht ausschließlich aus Illegals-Material, welches zugegeben mehr als gewöhnungsbedürftig ist. Anselmo kündigt seine Songs auch entsprechend an, grotesk, ekelhaft, roh soll es sein. Letztendlich wird hier eine rotzige, chaotische Form des Metal dargeboten, die an Frühwerke vom Dillinger Escape Plan oder Voivod erinnern. Die Ästhetik der Unästhetik beschreibt es wahrscheinlich am besten.
Was folgt ist eine Geschichtsstunde des Metal, denn es ist Zeit für Pantera! Unter tosendem Applaus werden die ersten Töne von „Mouth For War“ mehr gefeiert, als die 7 vorhergegangen Songs zusammen. Eine Metal-Walze nach der anderen rollt über die Halle hinweg und ein gut gelaunter Phil Anselmo zeigt, dass er, auch wenn er nicht mehr 100% in Form ist, immer noch die Stimme und das Volumen hat, die Songs würdig zu präsentieren, die ihn zu dem gemacht haben, was er heute ist: schlicht eine Legende. Eine Stunde Pantera-Revival, recht viel näher kommt man dem Original wahrscheinlich in diesem Leben nicht mehr. Mit „Walk“, „A New Level“ und „I’m Broken“ verabschieden sich Philip H. Anselmo & The Illegals vorerst aus der Landeshauptstadt, mit dem Versprechen, bald wieder zu kommen, allerdings ohne Pantera im Gepäck.
Alles in allem war es ein tolles Konzert mit viel Nostalgie, gerade im Hinblick auf vergangene Auftritte von Anselmo eine Überraschung, ihn so abliefern zu sehen. Im Vorfeld der Veranstaltung kam es erneut zu Protesten aufgrund der durchwachsenen Vergangenheit des Sängers, die des Öfteren rechte Züge angenommen hat. Zuletzt 2016 schockierte er mit einem betrunkenen „White Power“-Ausruf auf der Gedenkveranstaltung für Dimebag Darrell, dem Dimebash. Viele Entschuldigungen später hat er für seinen Ruf immer noch vieles gut zu machen, wozu ihm das Backstage die Gelegenheit geboten hat. Mit einem kurz vor dem Konzert veröffentlichten Statement versicherte das Backstage-Team, das Konzert streng zu überwachen, was am Abend auch strikt durchgeführt wurde. Glücklicherweise kam es zu keinen größeren Konflikten oder politischen No-Gos und so endet ein großer Konzertabend mit einem kleinen Happy End.
Setlist: Little Fucking Heroes / Choosing Mental Illness / The Ignorant Point / Bedridden / Photographic Taunts / Walk Through Exits Only / Mixed Lunatic Results / Mouth For War (Pantera song) / Becoming (Pantera song) / Yesterday Don’t Mean Shit (Pantera song) / Domination/Hollow (Pantera song) – Zugaben 1: Walk (Pantera song) / A New Level (Pantera song) – Zugabe 2: I’m Broken (Pantera song)
Bericht: Luka Schwarzlose