Wenn man von einem „Comeback des Jahres“ sprechen kann, dann sicherlich das von Peter Fox. Der Sänger von Seeed hat 2008 ein Solo-Album herausgebracht, das bis heute zu den bestverkauftesten deutschen Alben zählt: „Stadtaffe“. Der Siegeszug war riesig, aber der Rummel um seine Person dem Berliner dann doch zu viel – 2009 war Schluss. Vergangenes Jahr kam doch urplötzlich aus dem Nichts „Zukunft Pink“ – ein waschechter neuer Peter Fox-Song. Dann ging es schnell: das neue Album „Love Songs“, ein neuer Sound und natürlich auch eine Tour. Nachdem er bereits im September auf dem Superbloom Festival angekündigt ist, schiebt Fox eine Clubshow nach München: im Circus Krone. Die Warm-Up-Show am 12. Juni 2023 ist sein erstes München-Konzert als Solo-Artist seit 14 Jahren.
Den Abend starten dürfen erst einmal zwei Afrobeat-Künstler, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Den Anfang macht Olá, der mit intensiven Beats und starken Texten schnell das Münchner Publikum für sich gewinnt. Leider ist der Sound so, dass er nicht immer bestens zu verstehen sind, aber in seinen Ansagen und seiner Performance überzeugt er vollends und wirkt sehr sympathisch. Empfehlenswert: sein bald erscheinender Song „Ray Charles“. Etwas befremdlich dagegen wirkt der sofort folgende Willy Will, der als Act mit „besonders viel Energie“ angekündigt wird. So recht zeigen will sich die Energie nicht, dafür ein völlig unstrukturierter Auftritt, der tausend Ideen durcheinander wirft, mehrere Mitglieder zeitgleich eine Ansagen machen lässt und eher anstrengend als motivierend daherkommt. Nach 15 Minuten ist aber auch dieses Gastspiel vorbei und die Bühne geht in den Umbau.
Es verdunkelt sich schon um 20:35 Uhr das Licht zum Act, für den die Münchner*innen im rasend schnell ausverkauften Circus Krone gekommen sind: Peter Fox. Der spaziert gemeinsam mit 7-köpfiger Band auf die Bühne und groovt sich entspannt mit „Vergessen wie“ in den Abend ein, gefolgt ein paar weiteren Album-Nummern wie „Ein Auge blau“ und „Disney“. Schnell hört man, wie unfassbar stark eingespielt und abgestimmt die Band untereinander ist, es sitzt jeder Ton, jeder Handgriff, jede Nuance. Und natürlich wäre es nicht Peter Fox, wenn die Songs nicht seinerseits von leichten Choreografien begleitet werden, an denen er selbst teilnimmt. Den relevanteren, tänzerischen im fortlaufenden Set übernimmt aber das M.I.K Family Entertainment Collective – und das geht in die Vollen und präsentiert vor allem zu den tanzbaren älteren Songs wie der einen oder anderen Seeed-Nummer allerlei mitreißende Moves.
Wie stark der Kontrast der beiden Alben ist, zeigt sich aber, als an fünfter Stelle plötzlich „Kopf verloren“ gespielt wird und die Stimmung von entspannt umherschwingen zu eskalativen Tanzen wechselt. Allerspätestens jetzt stehen die Sitzreihen und werden auch mit dem folgenden „Schwarz zu blau“ zum Stehenbleiben motiviert. Als kleines Gimmick konnten sich begeisterte Tänzer*innen aus der Stadt bewerben, um auf der Bühne zu tanzen – und in dem Zuge strömen allerlei junge Menschen das Podest über der Band ab dem Seeed-Song „Hale-Bopp“, um teils angeleitet vom M.I.K Collective, teils eigenständig die Lieder zu betanzen. Dadurch ist immer was los auf der Bühne, andauernd Trubel, im Gegensatz zu Willy Will aber sehr strukturiert und im dramaturgischen Rahmen. Nach dem funktioniert natürlich auch das Konzert, was „Zukunft Pink“ als vermeintlichen Abschluss und den Über-Hit „Alles Neu“ im Zugabenblock ansetzt. Sogar ein zweites Mal lässt sich der Berliner rausklatschen und gibt eine ruhige, komplette neue Version von „Haus am See“ zum Besten – ein Song, den er selbst gar nicht mehr singen will, aber sich dem Publikumswillen ergibt. Wenn man nur einen Funken Interesse an dieser Musik hat, dürfte man die mitreißendsten 90 Minuten seit langer Zeit erlebt haben. Peter Fox hat gnadenlos abgeliefert und in schierer Perfektion die Münchner*innen in Euphorie versetzt. Chapeau!
Setlist: Vergessen wie / Ein Auge blau / Weisse Fahnen / Disney / Kopf verloren / Schwarz zu blau / Kein Regen in Dubai / Hale-Bopp (Seeed song) / Ticket (Seeed song) / Gegengift / Lass sie gehn (Seeed song) / Do It To It (Cherish cover) / Stadtaffe / Schüttel deinen Speck / Tuff Cookie / Zukunft Pink – Zugaben 1: Toscana Fanboys / Alles Neu – Zugabe 2: Haus am See
Bericht: Ludwig Stadler
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