Wenn sich die Musical Tenors, zuletzt im Oktober 2018 hier gewesen, überraschenderweise bereits wieder ankündigen, sind die Fanscharen nicht weit entfernt, die nach dem extrem starken Vorjahreskonzert natürlich wieder dabei sein wollen, wenn die vier Mannen die größten Melodien der deutsch- und englischsprachigen Musicalwelt darbieten. Der Zusatz „Winter Edition“ und wohl rund ein Dutzend neuer Songs machen dann aber erst recht neugierig – und lassen so tatsächlich ein relativ neues Programm entstehen, an diesem 9. Dezember 2019 im Deutschen Theater München.
Kaum verwunderlich also, dass der Saal des Deutschen Theaters knapp am Ausverkauf vorbeigleitet – das Interesse ist deutlich riesig. Die vier Hauptpersonen des Abends – Jan Ammann, Christian Alexander Müller, Patrick Stanke und Mark Seibert – scheinen ebenfalls bestens aufgelegt, als sie vierstimmig zu „Lime Light“ mit fünfköpfiger Band loslegen und erst einmal ein paar heimelige, weihnachtliche Songs zum Besten geben. Allgemein überrascht die Konsequenz der Auswechslung: der Fokus liegt deutlich auf dem Zusatz „Winter Edition“. Dabei bringen alle ihre eigenen Lieder mit – so entscheidet sich Mark Seibert beispielsweise für Ronan Keatings „It’s Only Christmas“ und erzählt vom einsamen Verbringen der Weihnachtstage ohne seine Liebsten, während Jan Ammann den historischen Weg wählt und vom Weihnachtsfrieden 1914 erzählt – damals, als im Ersten Weltkrieg über die Weihnachtstage die Waffen niedergelegt wurden. „Christmas 1915“ folgt darauf, in einer deutschen Übersetzung. Weihnachten, das sagt er davor, sei doch die Zeit, in der man sich einander genüge. Treffender könnte man es wohl kaum ausdrücken.
Trotzdem bleibt man Klassikern und besonders einprägsamen Werken der letzten Auflage treu – so beispielsweise die Dauerbrenner „Die Schatten werden länger“ mit Seibert und Stanke, „Musik der Nacht“ von Müller und „Die unstillbare Gier“, gemeinsam dargeboten von Ammann und Seibert. Immer wieder eindrucksvoll: „Totale Finsternis“ als Vierer-Choral, gemeinsam mit einem weiblichen Special Guest – an diesem Abend die wunderbare Karolin Konert. Sie hat sich ebenso ein weihnachtliches Solo-Lied ausgesucht und wohl auch den einzigen aktuellen Radio-Hit im Programm: „All I Want For Christmas Is You“. Brillieren und glänzen werden an diesem Abend alle – und ist das eigentlich verwunderlich, wenn sich vier der stärksten, wenn nicht sogar die stärksten männlichen Stimmen im Musical-Bereich zusammenschließen? Kann man Tenor-Stimmen im Musical- und Pop-Segment also etwas abgewinnen, findet man bestenfalls sogar Gefallen daran, dann ist ein Besuch bei einem Konzert der Musical Tenors wohl der Gipfel dessen, was man sich ansehen und -hören kann. Und wenn es sich dabei auch noch um vier so sympathische Herren handelt, die abschließend mit Nikolaus-Mütze das denglische Dauerschwank-Lied „Merry Christmas allerseits“ vortragen, könnte man einen Abend wohl kaum besser verbringen.
Programm Akt I: Lime Light (The Gambler) / This Is The Moment (Jekyll & Hyde) / Hymne A’Lamour (Edith Piaf) / The Impossible Dream (Man of La Mancha) / Man of La Mancha (ebd.) / It’s Only Christmas (Ronan Keating) / More Than Words (Extreme) / Die Schatten werden länger (Elisabeth) / To Where You Are (Josh Groban) / Memory (Cats) / I Can Only Image (MercyMe) / Vivo per lei (Andrea Bocelli) / Musik der Nacht (Das Phantom der Oper) / When A Child Is Born
Programm Akt II: The Show Must Go On/Who Wants To Live Forever? (Queen) / Christmas 1915 (Celtic Thunder) / Closer To Heaven (Gaudi Musical) / All I Want For Christmas Is You (Mariah Carey) / Believe (Josh Groban) / Being Alive (Stephen Sondheim) / Totale Finsternis (Tanz der Vampire) / Die unstillbare Gier (ebd.) / The Power Of Love (Frankie goes to Hollywood) / You Are The Reason (Leona Lewis) / Bring ihn heim (Les Miserables) / You Raise Me Up (Secret Garden)
Zugaben: Lichterketten (Sasha) / Merry Christmas allerseits (Udo Jürgens)
Kritik: Ludwig Stadler