89 Tage ist es her, dass im Backstage das letzte Konzert auf der Bühne stattgefunden hat. 89 Tage war es still. Nun, seit dem 15. Juni 2020, sind im Zuge der Covid-19-Pandemie wieder erste Veranstaltungen erlaubt, doch die Regeln sind strikt: maximal 50 Personen, Mindestabstand 1,5m, Maske, Hygienekonzept, Einlasskonzept. Für die privaten Veranstalter: unwirtschaftlich. Einzig manche Theater wagen sich vor und präsentieren kleine Stücke. Doch mittendrin nun eben das Backstage, die einige „Abstandskonzerte“ für die Anfangszeit ankündigen. Direkt am ersten Tag spielt The Munich Fiend Club, eine lokale Misfits-Coverband, die mit lauten und punkigen Klängen die große Wiedereröffnung feiert.
Bevor es allerdings losgeht, betritt Backstage-Chef Hans-Georg Stocker zur Primetime die Bühne und blickt in die an Biertischen sitzenden Menschen. In 29 Jahren Backstage wäre nie länger als zehn Tage Ruhe gewesen, nun habe es eine Pandemie geschafft. Stocker spricht von Verständnis, aber noch mehr Unverständnis gegenüber der Behandlung der Kultur. Ein „Hohn“ sei es seitens Söders, von der Erhaltung und Bedeutung der bayerischen Kultur zu reden und dann keine Taten folgen zu lassen. Die Hilfen? Nicht nennenswert. Die Bedingungen für ein Konzert? Unwirtschaftlich. Und dennoch habe er sich entschlossen, nun zu veranstalten – als Statement, als Hoffnungsschimmer und weil wir sie eben doch alle vermissen, die echten handgemachten Klänge der Rockmusik.
Kurz danach übernehmen die Jungs vom Munich Fiend Club die mit Absperrbändern übersäte Bühne und geben die ersten Misfits-Nummern zum Besten. Bereits beim ersten Griff in die Gitarrensaiten geht das Herz auf – wie sehr haben wir nur diese druckvollen Klänge vermisst! Und völlig unabhängig von der aktuellen Lage: die Band klingt grandios, der Sound ist großartig, das Licht passend und nuanciert. Stimmiger könnte so ein Comeback wohl kaum sein. Einzig der Sänger ist in den ersten 30 Minuten noch etwas schwer zu verstehen, was letztendlich an der Maske von Frontmann Evil Axely liegt, die er im zweiten Block dann aber ablegt. Rund 60 Minuten sind die gesamte Spielzeit, unterbrochen von einer etwa zehnminütigen „Bierholpause“. Denn das Backstage hat zwar den Barbetrieb in der Halle geschlossen, um unnötige Schlangen zu vermeiden, aber verweist auf die Tunnelbar im Biergarten – so sind die Gäste mit Essen und Trinken bestens versorgt und können, da Gastronomie, auch die Maske während des Konzerts ablegen.
„Das ist die seltsamste Show, die ich je gespielt habe“, sagt Sänger Evil Axely, und das Publikum dürfte ihm da uneingeschränkt zustimmen. Allerdings sind die Misfits-Hits in der zweiten Hälfte dann doch so schmissig und mitreißend, dass es einige Gäste von den Plätzen reißt. Zwar bleiben alle auf den ihnen zugewiesenen Sitzplätzen – allerdings stehend. Das erinnert dann irgendwie an ein coronakonformes Punk-Oktoberfest, aber wen mag man das auch verübeln? Die pure Freude, endlich wieder vor Ort gespielte Musik aus den Boxen dröhnen zu hören, allein das ist doch ein wahrer Grund zum Aufstehen. Um kurz vor 21:30 Uhr ist es allerdings dann schon vorbei und die Zuschauer ziehen gen Heimat. First concert after Corona – aber sicher nicht das letzte.
Setlist: Astro Zombies / Halloween / Horror Business / The Island Earth / We Are 138 / Children In Heat / She / Covid-19 / Scream / Gouls Night Out / Hybrid Moments / Angelfuck / Saturday Night / Shining / Where Eagles Dare / We Bite / Helena / Dig Up Her Bones / Skulls / Attitude / I Turned Into A Martinez / Last Caress / Die Die Die My
Bericht: Ludwig Stadler
Bilder: Petra Schönberger