Das letzte Mal, dass Lance Butters in München gewesen ist, dürfte 2016 gewesen sein, als er gemeinsam mit Ahzumjot die gemeinsame EP „Die Welle“ live vorgestellt hat. Direkt danach ist der Rapper auch abgetaucht – für ganze zwei Jahre. Ob es ihn überhaupt noch gibt? Ob da je noch einmal was kommt? Die Frage blieb vorerst ungeklärt, bis er sich aus dem Nichts mit einem Teaser wieder meldet. „Willkommen in meinem Keller“ heißt es dort und ist das erste Lebenszeichen zum neuen Album „Angst“, das erstmals richtig tief in die Gedanken und die Geschichte des Masken-Hip Hoppers geht. Damit kam er wieder auf große Deutschlandreise, am 13. Dezember 2018 auch nach München ins Strom.
Bereits im Vorfeld überraschend: das Strom ist restlos ausverkauft, was sogar für einen größeren Ansturm als bei seiner letzten Solo-Tour 2015 spricht – und das trotz jahrelanger Funkstille. Allgemein ist fast die gesamte Tour ausverkauft, es könnte also für den Rapper kaum besser laufen, der bereits zum Album-Release ankündigt, dass er noch nicht weiß, ob es nach “Angst” noch weitergeht. Dementsprechend voll also der Unterführungs-Club, dementsprechend hoch die Erwartung. Nach Gras riecht es übrigens bereits vor dem Einlass, was sich während des Konzerts fast schon selbstredend massiv steigert – spätestens bei “Dunkelrote Augen” holen alle ihre Joints raus. Wenn das die Polizei wüsste.. aber gut, dass sie es eben nicht weiß.
Lance Butters selbst startet ohne Ankündigung plötzlich um 20:55 Uhr, indem eine Intro-Version von aktuellen Titelsong beginnt, aber schnell in “Wake Up Fucked Up” wechselt. Anschließend gibt es faktisch keine Pause mehr, Lance schießt ein Lied nach dem anderen heraus, verzichtet auf verlängerte oder veränderte Variationen seiner Songs, sondern setzt lieber auf die klassischen Versionen und Geschwindigkeit in der Show – wieso auch nicht, denn die Alben sind grandios, die Lieder ebenso. Wohl auch ein Grund, wieso fast das gesamte neue Album dargeboten wird, außerdem Etliches vom Vorgänger “Blaow” und nur ein paar ausgewählte Lieder der alten Schaffensphase vor 2015. Es passt aber auch nicht mehr unbedingt zu dem Rapper mit der Iron-Man-Maske, die übrigens inzwischen neu gestaltet und weiß geworden ist: er hat sich verändert, ist persönlicher geworden, in seinen Texten als auch schlichtweg bei dem, was er vermitteln will. Selbstredend gilt aber “Selfish”, seine 2012er-EP, bei seinen Fans und wohl auch ihm selbst immer noch als kleiner Meilenstein – zurecht.
Thematisch geht es in 80% der Lyrics darum, wie verlogen und bescheiden die deutsche Rap-Szene geworden ist. Was anfangs bereits auch ein wenig Lances Steckenpferd war, sollte sich 2015 und 2018 noch einmal ordentlich steigern, denn mit seiner Abgeschottenheit für die Szene beobachtet er, aber möchte wahrlich kein Teil davon sein – mit der Grund, wieso der Maskenmann alle paar Jahre untertaucht und erst einmal wieder Abstand braucht. Dennoch analysiert der ultimative Rap-Grantler das alles bestens, so gut, dass man schlichtweg nur zustimmend nicken kann (bestenfalls noch zum Beat). Fragwürdig wird es nur dann, wenn er in die persönliche Eben geht und Textzeilen wie “Ich hab die letzten sechs Jahre verschwendet” ins Mikrofon spricht, während ein maximal 15-Jähriger laut mitgrölt. Wie hart das Leben wohl damals als 9-Jähriger war? Wie dem auch sei, Lance Butters geht mit seinem DJ und Backup Chris Miles nach rund 22 Songs in 75 Minuten um 22:10 Uhr von der Bühne. Beachtlich, bedenkt man das immense Tempo – Respekt vor dir!
Setlist: Wake Up Fucked Up / Deal With It / Kuchen / Respekt vor dir / Auf Deutschrap / Raw / Respekt / Vater / Dunkelrote Augen / PZP / Weißer Rauch / Keller / So schön / Wald / 30 / Blaow / futureshit / Wie gewohnt / Gefahr / Die Welle – Zugaben: Dämliche Faggots / Yeeeaaah
Bericht: Ludwig Stadler