Kadavar – das klingt zunächst etwas morbide und in Bezug auf Musik doch etwas ungewöhnlich. Wenn man bedenkt, dass sich die drei Berliner voll und ganz dem Erbe der 70er Jahre verschrieben haben, vielleicht sogar noch ungewöhnlicher. Nachdem sie bis vor ein paar Jahren immer einen Bogen um die Landeshauptstadt gemacht haben, als es um die Tourplanung ging, kommen sie dafür jetzt umso häufiger. Diesmal am 27. Oktober im Backstage Werk mit im Boot: Die 70er-Psychedelic-Band Death Alley und die Durchstarter der Sludge/Doom-Szene Mantar.
Den Anfang machten Death Alley. Das bereits gut gefüllte Backstage Werk konnte mit den sichtbar gut gelaunten Psychedelic-Newcomern aus Holland auch durchaus etwas anfangen. Mit einem sehr abwechslungsreichen, halbstündigem Set ein absolut perfekter Start in den Abend. Musikalisch deutlich orientiert an den Altmeistern der 70er, dennoch mit einem frischen, modernen Ansatz des Psychedelic, passten die Jungs aus Amsterdam wie die Faust aufs Auge in ein Kadavar-Konzert. Das einzige Manko war eines, das sich quasi durch den gesamten Abend zog: Die Vocals waren im Vergleich zu dem Fuzz-lastigen Sound viel zu leise abgemischt und sind trotz sichtbarer Bemühung des tänzerisch begabten Death Alley Frontmanns komplett untergegangen.
Weiter ging es mit dem Bremer Zweigespann Mantar: Ein ungewöhnliches Konzept, das allerdings ein unglaubliches Potential verspricht. Schlagzeug und Gitarre, was braucht es mehr? Auf der Bühne gegenüber aufgestellt wie in einem Wettkampf, legten die zwei auch direkt los. Wo zuvor ein Retro-Sound den Raum erhellte, wurde es jetzt ganz dunkel. Auf positive Vibes folgt absolut destruktiver Sludge. Wie sich an dieser Stelle das Billing des Abends ergeben hat, ist fragwürdig, für reichlich Abwechslung ist allerdings gesorgt. Ein Pedalboard so groß, dass sie wahrscheinlich allein dafür einen Anhänger mieten mussten, bedient von einem für die Musikrichtung ungewöhnlich gut gelaunten Frontmann. Mantar, eine Gruppe, bei der sich die Geister scheiden. Für die einen eine Innovation, für die anderen theatralisch präsentierter Lärm. Melodie braucht kein Mensch, bestätigte das größtenteils begeisterte Publikum. Wenig abwechslungsreich und düster spielten sie sich eine Stunde lang die schwarze Seele aus dem Leib und stachelten das Publikum auf. Man mag musikalisch von ihnen halten was immer man will, die Darbietung war professionell und mehr als spannend gestaltet.
Atmosphärisch musste man danach allerdings wieder umdenken: Kadavar waren endlich an der Reihe. Das Schlagzeug nach vorne als absolut wasserdichtes Konzept des Rock Trios; personifiziertes Charisma am Schlagzeug erlebt man selten, aber bei Kadavar ist es unverzichtlich. Kaum die Bühne betreten, schon ist das Publikum absolut bereit für das, was in den guten eineinhalb Stunden folgen sollte, denn nicht nur das Publikum war gut drauf, auch die Musiker selbst hatten absolut Spiellaune. Mit einer gut gewählten Setlist, bestehend aus Klassikern wie „Doomsday Machine“ bis hin zu dem ein oder anderen Song ihrer neuen Platte „Rough Times“ war alles dabei, was das Fan-Herz begehrt. Das Publikum war sichtlich begeistert, viele haben allerdings die Show von Mantar noch nicht ganz abgeschüttelt und versuchten sich daran, bei einer Desert Rock-Band diverse Moshpits zu starten. Fragwürdig waren auch die vielen Crowdsurfer, mit denen die Verantwortlichen wohl nicht gerechnet haben. Zwei Securities hatten die gesamte Show alle Hände voll zu tun, die Leute von der Menge zu fischen. An dieser Stelle auch ein großes Kompliment, denn das war wirklich keine leichte Aufgabe. Langsam ging es dann in den musikalischen Endspurt: „Purple Sage“ in der Langversion und als Zugabe noch ein gelungenes The Damned Cover „New Rose“ plus „Come Back Life“, ein absolut gelungener Abschluss eines noch gelungeneren Abends.
Setlist: Rough Times / Skeleton Blues / Doomsday Machine / Pale Blue Eyes / Black Sun / Into The Wormhole / Living In Your Head / The Old Man / Die Baby Die / Forgotten Papst / All Our Thoughts / Tribulation Nation / Purple Sage – Zugabe: New Rose (The Damned Cover) / Come Back Life
Fazit ist an dieser Stelle leicht: Death Alley haben unter Beweis gestellt, dass man langsam die Psychedelic-Fackel an die nächste Generation weiterreichen kann! Als erfolgreicher musikalischer Außenseiter präsentierten sich auch Mantar als Publikumsmagnet und dass man bei einer Kadavar-Show auf seine Kosten kommt, ist so sicher wie die MVV-Verspätung danach. Das subjektiv gesehen einzige, was den Auftritt noch besser hätte machen können, wäre der Song „Fire“, den das Berliner Bart-Trio seit Jahren live gekonnt ignorieren. Glücklicherweise war der Name Kadavar nicht stellvertretend für den Abend, denn recht viel belebter kann eine Show nicht sein.
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