Valentinstag. Was gibt es schöneres als mit seiner Liebsten auf ein gutes Konzert zu gehen? Jon Gomm ist in der Stadt und lädt ins Muffatwerk, genauer gesagt ins Ampere, ein. Der studierte Musiker, der mittlerweile in Leeds lebt, ist wirklich ein Ausnahmekönner. Was andere heute mit technischen Hilfsmitteln, einer Loop Station oder ähnlichem machen, zeigt er nur auf seiner ramponierten Halbakustik-Gitarre. Ein weiteres spezielles Merkmal ist, dass der gebürtige Blackpooler seine Auftritte meist barfuß bestreitet. So auch diesmal.
Es ist 20 Uhr, das Ampere füllt sich langsam, die ersten Reihen sind bestuhlt und die Plätze sind sofort eingenommen. Dahinter stehen die Menschen und auch am Oberhang haben sich die Musikbegeisterten ihren Standort gesichert. Eine tolle Location für ca. 300 Leute – die perfekte Größe, jeder hat gute Sicht auf den Künstler. Pünktlich um 20:30 betritt der sympathische Brite die Bühne. Sichtlich geschmeichelt vom Applaus beginnt er auf seiner über die Jahre in Mitleidenschaft gezogenen Gitarre zu spielen – Gitarre spielen heißt bei ihm, die Saiten zupfen, den Rumpf klopfen, den Bass tabben und vieles mehr. Das Publikum ist sofort erstaunt vom Können des Ausnahmemusikers. Nach zwei Songs spricht Jon erstmals zu den Besuchern: „Hi, I am Jon from a cold place in England, just like Las Vegas, but cold and in England“. Er kündigt das erste Coverlied an: „Ain’t Nobody“ (Chaka Khan), eine instrumentale Version, in der er erneut seine außergewöhnliche Fingerfertigkeit zeigt. Leider hat der Mischer etwas viel Hall auf der Stimme im Saal, was bei den lauteren Gesangstönen etwas unangenehm klingt. Später wurde das zum Glück korrigiert. Es ist Zeit für eine Unterrichtsstunde. Jon Gomm zeigt den Leuten wie er die einzelnen Instrumente auf seiner Klampfe spielt. Anhand eines Reggaestücks wird der Rumpf unten als Bass Drum, oben als Snare im Wechsel geklopft. Dazwischen simuliert er das Keyboard auf dem Gitarrenhals, grooved den Bass mit dem Daumen auf den tiefen Saiten und mimt Percussion durch Streichen über den Körper des Instruments, ach ja und ein Gitarrenriff wird auch noch integriert. Multitasking vom Feinsten. Mit offenen Mündern folgt das Publikum dem Künstler. Knapp eine Stunde ist vergangen. Mr. Gomm erbittet sich eine Pause.
Um 21:45 geht es weiter. Mit einem neuen Song „Dream Factory“ beginnt das zweite Set. Er erklärt, wie Fernsehsendungen mit den Träumen junger Leute umgehen und sie zu Produkten für die Quote machen. Er stimmt während des Liedes hoch und runter und erzeugt so gleitende Geräusche. Seine Fingertechnik ist wirklich zum Zunge schnalzen. Es ist nicht nur die Musik, sondern seine ganze Performance, sein ganzes Wesen, die den Raum einnimmt. Zwischen den Liedern erzählt der Musiker Privates und man hat wirklich das Gefühl, einen besonderen Abend mit ihm und den anderen Zuschauern zu teilen. Nach einigen eher jazzigen Stücken greift Jon erstmals zum Plektrum und auch ein Verzerrer klingt erstmals aus den Boxen. Mit „Hey Child“ leitet er den Höhepunkt des Konzertes ein. Sein letzter Song ist auch sein Bekanntester: „Passionflower“. Ein wirklich emotionales Lied mit gefühlvollem Gesang und treibendem Beat. Das aufmerksame Publikum ist bestens unterhalten. Um 22:30 verlässt Jon Gomm die Bühne. Die Zugabe-Rufe der Zuschauer lassen nicht lange auf sich warten. Jon fragt das Publikum, was sie hören möchten. Ein Fan schreit „War In The Middle East“. Jon schluckt: „I don´t know how to play it, but I try“. Natürlich schafft er es fehlerfrei, diesen älteren Song zu spielen und auch die passenden Lyrics fallen ihm wieder ein. Nach einem weiteren Stück verlässt der Brite um 22:45 endgültig die Bühne.
Das Licht geht an und die Menschen machen sich zufrieden auf zur Garderobe. Auch wir bewegen uns Richtung Ausgang. Das war wirklich ein besonderer Abend! Wir sind dankbar, dass Jon uns an seinem einzigartigem Talent teilhaben lies. Ein Auftritt wie das Leben selbst: lustig, ernst, tief, lebendig, tragisch und emotional – einfach echt! Thank you, Mr. Gomm!
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