Call Me Little Sunshine – Ghost in der Olympiahalle (Bericht)

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So wie das Wetter am Tag wild wechselt zwischen Sonnenschein und Regenschauern, so könnte man auch die Genre-Fahrt von Ghost beschreiben, die an diesem 16. Mai 2022 ihren Deutschland-Tournee-Abschluss in der Olympiahalle in München feiern. Mit ihrem aktuellen Album „Impera“ streifen sie bereits seit März durch die europäischen Lande und bringen inmitten der wieder aufblühenden Konzertlandschaft Europas eine Produktion auf die Bühne, die für staunende Gesichter im Publikum sorgt.

Doch zu Beginn dürfen erst einmal Twin Temple und Uncle Acid & The Deadbeats die stetig wachsende Münchner Konzertmenge musikalisch beehren. Während erstere auf humorvolle Songs und Ansagen im satirisch-satanischen Stil setzen und durchaus für gute Unterhaltung im Publikum sorgen, bringt Uncle Acid doch sehr klassischen Stoner-Rock mit der Gitarre über dem Anschlag auf die Bühne. Das klingt zwar gut und macht irgendwie auch Laune, ist aber nach 40 Minuten doch wahnsinnig eintönig. Da die Band aber fast durchwegs vollkommen im Dunkeln auf der Bühne steht, kann man durchaus schmunzeln, wie der Schlagzeuger, der zu keiner Sekunde einen Lichtstrahl abbekommt, überhaupt sein Drumset sieht.

© Mikael Eriksson

21:30 Uhr ist es dann bereits, als das Licht recht unerwartet ausging und sich hinter dem großen weißen Vorhang offensichtlich etwas tut. Dieser fällt zum Opener-Song „Kaisarion“ herunter und es macht sich ein mit lautem Pyrotechnik-Knall ein Bühnenbild breit, dass sogar das der Zenith-Show noch einmal bei Weitem übertrifft – Bühnenkulisse, große Banner mit kathedralen Fenstern, ein Schlagzeug-Podest, links und rechts zwei Bühnenpodeste und auf alledem verteilt acht Musiker*innen. Die Nummer 9 übernimmt Frontmann und Mastermind Tobias Forge in seiner Bühnenfigur Papa Emeritus. In dieser Position darf er singen, sorgt für interaktive Gesten, allerlei Kostümwechsel und auch für etwas inspirationslose Ansagen an diesem Abend. Gesanglich ist er, soweit der brechend laute Instrumentalsound das Hindurchkommen des Gesangs zulässt, durchaus tight und tonsicher.

Ghost liefern eine ordentliche Rockshow ab, das hört man, das sieht man. Die Verknüpfung mit theatralen und religiösen Elementen ist es, die das Publikum in Scharen in die Arenen strömen lassen – da passiert etwas Sehenswertes, etwas Neues. Doch es gelingt nicht jede kleine Inszenierung, wie beispielsweise das Gitarren-Duell recht zu Beginn: musikalisch wunderbar, schauspielerisch etwas fraglich und dadurch etwas langatmig. Dafür ist die Pyrotechnik und Lichtshow perfekt abgestimmt und darf in Liedern wie „Mommy Dust“ und „Mary On A Cross“ aus allen Rohren schießen. Genau beim sakralen Highlight „Year Zero“ dann das Debakel: das ganze Saallicht geht an, es gibt offensichtlich einen technischen Fehler. Den Song spielen Ghost dennoch in voller Helligkeit fertig – obwohl gerade hier mit viel Feuer und Atmosphäre gearbeitet wird und eine dunkle Halle unverzichtbar ist. Nach einer kurzen Pause geht es aber weiter mit „He Is“.

Insgesamt zwei Stunden entführt die schwedische Band das Münchner Publikum in eine Parallelwelt aus Rock-Pomp und Kirchen-Theater. In großen Teilen deckt sich das alles mit der Tour zum vergangenen Album, aber durch die schiere Größe der Bühne in der Olympiahalle können sie ihr Konzept noch einmal steigern und auf ein sehenswerteres Level bringen. Kleine Gags wie der wiederbelebte Saxophon-Papa bei „Miasma“ sind auch weiterhin im Programm und sorgen für kleine Auflockerungen zwischen den choralen Refrains und doch teils wuchtigen Metal-Riffs. Forge und seine namenlosen Ghouls verabschieden sich mit „Square Hammer“ gegen 23:30 Uhr von München und damit auch von ihrem deutschen Publikum – doch die nächste Reise ist sicher nur eine Frage der Zeit.

Setlist: Kaisarion / Rats / From The Pinnacle To The Pit / Mary On A Cross / Cirice / Hunter’s Moon / Faith / Spillways / Ritual / Call Me Little Sunshine / Year Zero / He Is / Miasma / Mummy Dust / Kiss The Go-GoatZugaben: Enter Sandman (Metallica cover) / Dance Macabre / Square Hammer

Bericht: Ludwig Stadler