Geradeaus – Deichkind in der Olympiahalle (Bericht)

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Nach dem Auftakt der Sommer Tour 2023 in Wien machen Deichkind am Donnerstag, den 22. Juni 2023 in der Münchner Olympiahalle halt. Fast ausverkauft, waren aber auch am Abend noch ein paar Sitzplätze zu bekommen. Wer Deichkind sehen wollte, hatte also die Möglichkeit. Wer die Chance hatte, frühzeitig in der Arena Stehplätze zu ergattern, hatte noch mehr Glück! Bereits beim Ankommen in der Halle wird die Stimmung kräftig angeheizt.

Nach dem Support-DJ wird auf einer großen, vor der Bühne gespannten Leinwand eine Bühne für Underground-Künstler angeboten! Besonders bemerkenswert: bevor die Show richtig losgeht, erscheint ein kurzer Video Clip, in dem die Band das Publikum zu Toleranz und Rücksichtnahme auffordert. Aufeinander zu achten und sein eigenes Limit beim Alkohol zu kennen, wird ebenso angemahnt wie Belästigung und Diskriminierung jeder Art. Ein starkes Statement, um klarzumachen: wer diese Musik hört, der sollte sich auch mit den Inhalten identifizieren. Der tritt gegen Diskriminierung und für Toleranz und einen guten Abend für alle ein und sollte sich auch auf einem Konzert so verhalten. 8:10 Uhr geht es dann mit Deichkind los. Mit der minimalistischen und doch ausdrucksstarken Ästhetik, die man von den Hamburgern gewohnt ist, eröffnen die Jungs mit den ersten Song.

© BENJAKON

Das Portfolio dieses Konzertes erstreckt sich über die gesamte Schaffensphase der Band. Große Hits wie „Remmidemmi“ und „Leider geil“ werden ebenso zum Besten gegeben, wie neue Tracks, zum Beispiel „Auch im Bentley wird geweint“ oder „Lecko mio“. Über zwei Stunden werden sich die Jungs die Ehre geben und alle Register ziehen, um dem Publikum einen möglichst guten Abend zu bieten. Doch von vorn: das Publikum ist aufgeheizt und motiviert, die Band eröffnet mit einem minimalistischen Bühnenbild und farben- und formstarken Kostümen mit „99 Bierkanister“.

Bereits beim vierten Song wird ein neues Bühnenbild präsentiert. Angelehnt an das Musikvideo des erst letztes Jahr erschienenen Tracks „Auch im Bentley wird geweint“ reitet ein maskierter Held auf einer riesigen Chanel-Tasche wie auf einem Rodeo-Bullen auf dem Jahrmarkt über die Bühne. Das Publikum ist begeistert von dieser Inszenierung! Doch die Jungs lassen es sich nicht nehmen, auch den weiteren Fortgang der Show mit immer wieder neuen ästhetischen Schmankerl zu bereichern. Um lange Umbaupausen zu vermeiden und der Band, die im Musikgeschäft nun wirklich als alte Hasen bezeichnet werden kann, ab und zu eine Verschnaufpause zu ermöglichen, wechselt die Show zwischen einem großen, aufwändigen Bühnenbild und ein von einzelnen Bandmitgliedern performten Songs vor dem Vorhang. Dabei ist es bemerkenswert, wie es die Band schafft, das Publikum die ganze Zeit so in ihren Bann gezogen zu halten. Gerade der Wechsel zwischen aufwändiger Bühnenshow mit achtköpfige Besetzung und Solo-Performance vor geschlossenem Vorhang liegt nahe, dass auch das Publikum das Interesse ab und zu ein bisschen zurückfährt, dass Leute sich ein Getränk holen, gehen oder aufhören zu tanzen. Nicht so bei Deichkind!

Die Crowd ist die ganze Zeit mit der Aufmerksamkeit bei der Bühne. Selbst auf den Sitzplätzen wird intensiv getanzt. Im zweiten Teil der Show ergibt sich im vorderen Bereich vor der Bühne ein kleiner Moshpit, in dem die Fans ausgelassen tanzen. Natürlich lässt es sich Deichkind nicht nehmen, wieder intensiv mit dem Publikum zu interagieren, u.a. in Form einer großen Tonne, mit der die Band durchs Publikum fährt und aus der heraus sie direkt zu den Leuten performt, darüber schwingt eine große Fahne. Die deklariert: Kein Bier für Nazis. Doch der Gipfel kommt zum Schluss. Natürlich schließt sich der Vorhang, natürlich rufen alle Zugabe. Ungewöhnlich lange müssen die Fans rufen und johlen. Man fragt sich kurz, ob dies zur Steigerung der Spannung dient oder sich die Band ein bisschen rar machen möchte? Weder noch, das ist klar, sobald sich der Vorhang wieder öffnet, denn die Band schließt diesen Abend mit einem absoluten Killer: ihr größter Hit „Remmidemmi“.

Passend dazu fahren sie noch einmal eine Materialschlacht als nächstes Level-Up auf. Es werden Federn geworfen, eine Abrissbirne schwingt, Luftballons werden steigen. Ausgelassen auf der Bühne, wimmelt es von unterschiedlichen Kostümierte, an Figuren, die wild durcheinandertanzen. So einen Effekt, nicht am Anfang der Show oder mittendrin zu machen, sondern sich das bis ganz zum Schluss aufzuheben und den ganzen Spaß dann für einen 4-Minuten-Song aufgebaut zu haben – das ist eine ästhetische Entscheidung, die für das Selbstbewusstsein der Band steht. Man lässt es sich nicht nehmen, so einen Moment zu kreieren, entgegen jeglichen Aufwands und Kosten. Deichkind gönnt sich, denn die Fans sind es ihnen wert. Die Stimmung ist gigantisch. Das Publikum – viele ältere Fans, die die Band vermutlich schon seit Jahren kennen – haben einen Riesenspaß. Für jede Person, die Deichkind auch nur ein bisschen kennen und auf gute Konzerte stehen, ist dieser Abend auf jeden Fall einen Besuch wert.

Setlist: 99 Bierkanister / So ne Musik / Geradeaus / Auch im Bentley wird geweint / Porzellan und Elefanten / Die Welt ist fertig / In der Natur / Wer sagt denn das? / Wutboy / Kids in meinem Alter / Komm schon! / Bon Voyage / Lecko mio / Bück dich hoch / Leider geil / Richtig gutes Zeug / Arbeit nervt / Delle am Helm / Bude voll People / Roll das Fass rein / Niveau Weshalb Warum / Hört ihr die Signale / The Power Of Love / Keine Party / LimitZugabe: Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah)

Bericht: Jana Taendler

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