Stay Awake – Dean Lewis in der TonHalle (Bericht)

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Als Dean Lewis vor rund vier Jahren seinen ersten München-Besuch ankündigte, war das Backstage Werk rasend schnell ausverkauft. Wenig verwunderlich, denn 2019 kam wahrlich niemand an „Be Alright“ vorbei – die Radios überschlugen sich mit AirPlays und Lewis galt als neue Chance am Singer/Songwriter-Himmel. Dieser Druck machte ihm bei einem neuen Album zu schaffen, deshalb orientierte er sich einfach daran, seinem Stil absolut treu zu bleiben und keine musikalischen Experimente zu wagen. Mit Erfolg: die Tour zu seinem aktuellen Werk „The Hardest Love“ ist fast überall ausverkauft, so auch am 4. April 2023 in der TonHalle München.

Den Abend eröffnen darf aber erst einmal David Kushner um kurz vor 20 Uhr. Der Amerikaner ist vor allem auf TikTok bekannt und hat dort bereits mit „Miserable Man“ und „Mr. Forgettable“ große Erfolge gefeiert, weshalb das extrem junge und weibliche Publikum den hübschen Gesangsbarden lautstark begrüßt und textsicher mitsingt. Abgesehen von der medialen Bekanntheit bleibt allerdings nicht allzu viel – die Songs sind recht belanglos, einige Töne gehen daneben und der Backing-Track, der verwirrenderweise zu nur Klavier und Stimme präsent läuft, ist reichlich übersteuert. Nach 25 Minuten findet sein Gastspiel aber auch schon sein Ende und er wird unter großem Gejubel entlassen. Kushners Stimmfarbe und Präsenz birgt Potenzial, aber die Umsetzung davon ist noch ausbaufähig.

Setlist: Daylight / Mr. Forgettable / The Georgian Rain / Miserable Man / Cigarettes / Burn

David Kushner

Deutlich eingespielter geht es um 21 Uhr mit Dean Lewis los– es ertönt ein Intro, die Band betritt die Bühne, auf der bereits allerlei Blumentopf-Teile stehen, bevor der Australier selbst am Keyboard die ersten Töne von „Hurtless“ anschlägt. Wer einen in sich gekehrten, ruhenden Liedermacher erwartet hat, dürfte schnell eines anderen belehrt werden. Lewis ist ein Wirbelwind, der keine Sekunde ruhig sitzen kann, sich in seinen Ansagen gern einmal überschlägt und dauernd so aufgeregt ist, dass es in Bewegung und Euphorie überschlägt. Dauerlächelnd witzelt er sich mit kleinen Anekdoten durch die kleinste Show seiner aktuellen Tour, reagiert auf Zurufe und spielt so unverschämt sympathisch die Werke seiner beiden Alben, dass man wahrlich nicht anders kann, als absolut angetan zu sein. Selbst, als „Looks Like Me“ spielerisch nicht ganz so funktioniert oder Lewis in „For The Last Time“ den Text vergisst und eine kleine München-Liebeshymne improvisiert, kann man ihm nur herzlich zulächeln.

Dean Lewis

Auch wenn Band und Sänger selbst ansonsten astrein performen, sind es nicht nur seelenlose Interpretationen: die Stimme variiert, die Songs werden verlängert, es klingt alles wahnsinnig organisch und durchaus variabel. Die Herzen der Fans gewinnt er aber vor allem immer wieder durch die Interaktion mit ihnen. Einmal nimmt er das Handy eines jungen Mädchens und macht ihr BeReal auf der Bühne; gegen Ende des Konzerts lässt er alle Schilder vorlesen, die die First-Row-Fraktion mitgebracht hat – einschließlich eines Geburtstagslieds für jemanden, der gar nicht vor Ort ist und daher eine besonders schiefe Version davon per Video zugeschickt bekommt. Selbst auf die klassischen „Take your shirt off“-Rufe kontert er sympathisch: „Really, not as good as you think and it’s my biggest nightmare to be naked on stage“. Schon hat er wieder die Menge zum Lächeln gebracht. Im Kontrast steht das natürlich zu den zumeist traurig-melancholischen Liedern von „7 Minutes“ bis zum für seinen erkrankten Vater geschriebenen „How Do I Say Goodbye“. Aber: es passt alles zusammen und mündet in einem ganz wundervollen Konzertabend, der nach rund 85 Minuten mit seinen beiden großen Hits sein Ende findet: „Be Alright“ und „Waves“. Bis zum nächsten Mal!

Setlist: Hurtless / Stay Awake / 7 Minutes / Lose My Mind / Looks Like Me / Falling Up / The Hardest Love / Chemicals / Lost Without You / Hold Of Me / Yellow (Coldplay cover) / Into The Breeze / Half A Man / Scares Me / For The Last Time / How Do I Say Goodbye / Adore (Amy Shark cover) / Be AlrightZugabe: Waves

Bericht: Ludwig Stadler